Bochum-Wattenscheid. Wie ist es, Menschen ehrenamtlich beim Sterben zu begleiten? Wattenscheiderin Renate Korte erzählt, warum sie dabei auch schöne Momente erlebt.

„Auf einmal hörte ich ein tiefes Ausatmen – und dann war Stille.“ An ihre erste Sterbebegleitung erinnert sich Renate Korte (65) noch ganz genau. Es passierte in der Nacht zum dritten Advent im Dezember 1999. Nachdem eine 70-jährige Dame im Martin-Luther-Krankenhaus in Bochum-Wattenscheid gestorben war, sprach Korte ein letztes Gebet, rief die Krankenschwester und fuhr mit einem guten Gefühl nach Hause.

„Jemanden in Frieden gehen zu lassen kann schön und beruhigend sein“, sagt die 65-Jährige heute. Das Thema gehört zu ihrem Alltag. Als Ehrenamtlerin im Hospizverein Wattenscheid e.V. begleitet sie regelmäßig Menschen auf ihrem letzten Lebensweg. Mal rückt sie Kissen zurecht, mal hört sie stundenlang zu und mal sitzt sie einfach nur am Bett und hält Händchen. „All die wertvollen kleinen Dinge, für die das Pflegepersonal meistens keine Zeit hat“, erklärt Korte.

Hospizverein Wattenscheid: „Jede Begleitung ist anders“

Auf der Suche nach einer erfüllenden Nebentätigkeit ist die gelernte Erzieherin damals über eine Zeitungsanzeige auf den Hospizverein aufmerksam geworden. Für den Tod und das Sterben habe sie sich schon immer interessiert. „Ich gehörte nie zu den Menschen, die das Thema tabuisieren oder verdrängen“, sagt Korte. Denn auch auf ihrer Arbeit im Kindergarten musste sie sich damit ab und zu auseinandersetzen. „Eines Morgens stand eine Mutter vor mir und fragte, ob ihr Sohn heute länger bleiben könne, weil der Familienvater in der Nacht verstorben war“, erinnert sich die Wattenscheiderin. Eine unschöne Erfahrung, die der Erzieherin jedoch vor Augen führte, wie sehr der Tod zum Leben dazugehört.

Und manchmal kann er einen ziemlich langen Zeitraum im Leben einnehmen. Kortes längste Sterbebegleitung dauerte über ein Jahr. Einmal pro Woche besuchte sie eine alte Dame für zwei Stunden in ihrer Wohnung, wechselte die Bettbezüge, kämmte ihre Haare und lauschte stundenlang den spannenden Geschichten aus dem Leben der 90-Jährigen. „Jede Begleitung ist anders, aber auf ihre Art besonders“, so die Ehrenamtlerin.

Die Auseinandersetzung mit dem Tod kann helfen

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Eine richtige Belastung sei die Tätigkeit in 23 Jahren nie gewesen. „Man bekommt unglaublich viel von den Menschen und ihren Angehörigen zurück“, sagt Korte. Außerdem helfe die Begleitung Sterbender dabei, sich mit der eigenen Vergänglichkeit auseinanderzusetzen und die Angst vor dem Tod zu mindern.

An viele Verstorbene denke sie noch Jahre später, zum Beispiel, wenn sie an ihren ehemaligen Wohnungen und Häusern vorbeifährt. Um die Erlebnisse zu verarbeiten, führe sie Tagebuch, erzählt Korte. Und wenn sie selbst mal jemanden zum Reden braucht, dann sucht sie das Gespräch mit den Vereinskoordinatoren oder besucht die monatlichen Reflexionsgruppen, um sich mit anderen Ehrenamtlern auszutauschen.

100-stündige Ausbildung ist Voraussetzung

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„Es ist wichtig, dass auch für die eigenen Gefühle ein Raum da ist“, betont Regina Battling, Leiterin und Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes. Alle Ehrenamtler müssen vor der Sterbebegleitung eine 100-stündige Ausbildung mit anschließendem Praktikum absolvieren. Weitere Voraussetzungen oder Altersgrenzen gibt es nicht.

„Wir raten jedoch davon ab, Sterbebegleiter zu werden, wenn man selbst noch um einen Angehörigen trauert“, sagt die Koordinatorin. „Man sollte die eigene Trauer verarbeitet haben, bevor man sich an ein weiteres Krankenbett setzt.“