Bochum-Wattenscheid. In anderen Städten gibt es sie schon. Nun erhält bald auch Bochum-Wattenscheid einen Gesundheitskiosk. Kaufen kann man dort allerdings nichts.
Kioske gibt es in Bochum immer noch an vielen Ecken. Erklären muss deren Existenz einem im Ruhrgebiet niemand. Was ein Gesundheitskiosk sein soll, ist dagegen schon erklärungsbedürftig. In Wattenscheid soll der erste auf Bochumer Stadtgebiet entstehen.
Im April 2024 soll der Gesundheitskiosk Wattenscheid öffnen
„Wir hoffen, dass wir es zum 1. April 2024 schaffen“, sagt Sozialdezernentin Britta Anger auf die Frage, wann denn der neue Kiosk eröffnet wird. Einen Standort gibt es immerhin schon, nämlich in dem schmucken Neubau der VBW an der Ecke Voedestraße/Friedrich-Ebert-Straße. Bis zum offiziellen Start bietet das Gesundheitsamt dort bereits Beratungsleistungen etwa zu Familienhebammen, zahnärztlicher Prophylaxe, sozialpsychiatrische Hilfen und zu sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten.
Partner der Stadt in dem Projekt sind die vornehmlich von der Awo getragene WATgesund GmbH und die AOK Westfalen. Noch verhandeln die drei Partner über einen Vertrag, so die Auskunft der Stadt. Daran, dass der Gesundheitskiosk kommen soll, gibt es aber keinen Zweifel. Zumal ein Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Aufbau von bundesweit 1000 Gesundheitskiosken vorsieht.
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Kosten pro Jahr liegen bei 400.000 Euro
Kommt das Gesetz, ändert sich die Finanzierung. Dann muss Bochum lediglich 20 Prozent der derzeit geschätzten Kosten von 400.000 Euro jährlich tragen, also 80.000 Euro. Bis dahin haben sich Bochum und die AOK darauf geeinigt, dass jeder 200.000 Euro pro Jahr übernimmt.
Dafür gibt es vor allem eines: „Beratungen zu gesundheitsförderlichen, präventiven, medizinischen und sozialen Themen“, so die Stadt. Sie erhofft sich, damit „die gesundheitliche Lage der Wattenscheiderinnen und Wattenscheider nachhaltig zu verbessern“ indem u. a. die Gesundheitskompetenz gestärkt werde. Das deutsche Gesundheitssystem sei komplex; „die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen ist ungerecht verteilt“. Die in Wattenscheid gemachten Erfahrungen sollen auch dabei helfen, zu entscheiden, ob und wo weitere Angebote dieser Art in Bochum nötig sind.
Im Gesundheitskiosk wird beraten, nicht behandelt
„Es geht nicht um eine medizinische Behandlung“, erklärt die Sozialdezernentin. „Es geht viel um Beratung- und Übersetzungsleistung.“ Das Problem sei doch: „Wie erreicht man Personen, die vielleicht mangelnde Sprachkenntnisse haben oder die armutsgefährdet sind und wie bekommt man sie frühzeitig in Präventionsmaßnahmen? Wir haben das gesehen bei der Impfkampagne in Wattenscheid während der Coronazeit. Da war es ja an ganz vielen Stellen so, dass die Leute auch aus Sprachbarrieren nicht wussten, was mit Impfen gemeint war.“ Bei Beratungen im Gesundheitskiosk könne es zum Beispiel darum gehen, „Diagnose in einem Arztbrief zu erklären, die man selbst als Normalbürger ja manchmal kaum versteht“, so Anger.
Stadt will digitale Landkarte erstellen
Die Frage nach einer möglichen Ausweitung des Projekts Gesundheitskiosk auf andere Quartiere und geeignete Standorte bzw. deren Kombination mit bestehenden Strukturen will Bochum prüfen. Dazu müsse es aber verlässliche Daten der Kassenärztlichen Vereinigung und der städtischen Gesundheitsberichterstattung.
„Hierzu wird das Gesundheitsamt eine digitale Landkarte erstellen“, heißt ess in einer Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage des „Beirats Leben im Alter“.
Die meisten Erfahrungen mit einem Gesundheitskiosk hat Hamburg gemacht. Dort wurde bereits 2015 im Stadtteil Billstedt eine solche Anlaufstelle geschaffen. Allerdings: Einige der an der Finanzierung beteiligten Krankenkassen haben sich zurückgezogen. Der Hauptkritikpunkt: Es würden Doppelstrukturen geschaffen, das Geld sei an anderer Stelle besser einsetzbar.
Positive Erfahrung mit dem Gesundheitskiosk in anderen Städten
Bochums Sozialdezernentin teilt diese Kritik nicht. Aus ihrer Sicht ist ein Gesundheitskiosk eine gute Möglichkeit zur Teilhabe breiter Schichten am Behandlungs- und Präventionsangebot. Auch aus anderen Städten höre sie dazu sehr positive Signale. In Essen etwa gebe es „beeindruckende Zahlen, wie Leute erreicht werden“. Ähnliches sei aus Aachen zu vernehmen. Und: Weitere Städte in der Region wie etwa Gelsenkirchen gehen diesen Weg. Dort heißt es, zum Konzept zähle es auch, eine Lotsenfunktion für Menschen mit chronischen und/oder psychischen Erkrankungen zu übernehmen.