Wattenscheid. Bezirksvertretung Wattenscheid macht den Weg frei für das ungewöhnliche Projekt am Stadtgarten. Die Verwaltung hat auch eine Testfläche im Blick.

Eine große Chance bei einer recht kleinen Grünfläche sehen Politik, Stadtverwaltung und vor allem zahlreiche Nachbarn am Stadtgarten. Die Idee, auf dem ehemaligen Betriebshof am Eingang zum Park einen „Tiny Forest“ anzulegen, ist jedenfalls schon auf „fruchtbaren Boden“ gefallen: „Grünes Licht“ für „kleines Grün“ zum ersten Mal in dieser Form in der Stadt.

Regelrechte Hürden scheint es nicht zu geben, formale Voraussetzungen müssen noch geschaffen werden. Bochums Baum-Manager Marcus Kamplade räumte vor der Bezirksvertretung Wattenscheid ein, die Fläche sei noch in der Zuständigkeit der Zentralen Dienste. Für die Entsiegelung der Fläche, den Abriss der Gebäude und die genaue Untersuchung auf Altlasten oder schützenswerte Arten wie Fledermäuse müssten Mittel im Haushalt eingesetzt werden.

Das Projekt kann beispielhaft über Bochum hinaus sein

Davon abgesehen hat Kamplade aber bereits eine Fläche ausgeguckt, auf der das Grünflächenamt testen kann, wie eine solche Kleinst-Anpflanzung sich verhält, wenn sie völlig sich selbst überlassen wird.

An der Freifläche nördlich der Kirchstraße/Blücherstraße soll das Projekt erstmals getestet werden
An der Freifläche nördlich der Kirchstraße/Blücherstraße soll das Projekt erstmals getestet werden © WAZ | Uli Kolmann

Das unterscheidet im Grundsatz das Konzept „Tiny Forest“ vom klassischen Wald, der bewirtschaftet und vor allem öffentlich zugänglich ist. „Das hat Potenzial“, zeigt sich Kamplade optimistisch.

Schnell große Artenvielfalt

In den Niederlanden etwa gebe es schöne Beispiele solcher Kleinstanpflanzungen von Bäumen und Sträuchern entlang von Landstraßen. „Es lässt sich offenbar schnell eine Artenvielfalt und damit auch Insektenvielfalt erreichen“, schilderte er.

„Wir lernen bei dem Thema noch“, zeigte er sich offen. „Aber das kann einen Beispielcharakter auch im Wohnungs- und Siedlungsbau für ganze Quartiere und vor allem für die Baugesellschaften haben.“ Die Erweiterung der Sportplatzanlage sei jedenfalls für die Verwaltung „vom Tisch“, auch die Einrichtung weiterer Stellplätze. Das würde Probleme mit dem Lärmschutz für die Anlieger bringen.

Ob auf dem Betriebshof 2000 oder sogar 3000 Quadratmeter genutzt werden können, sei auch noch nicht geklärt. Im Januar 2022 könnten Details spruchreif werden.

Nicht auf zehn oder 20 Jahre angelegt

„Wir haben noch keinerlei Erfahrungen mit Kleinstanpflanzungen“, gab er offen zu. Deshalb sei auch noch nicht zu sagen, ob und wie eingeschritten werden müsse, wenn es um die Verkehrssicherheit oder die Sauberkeit an solchen Flächen aussehe. Allerdings erinnerte Kamplade auch: „In der Natur herrscht Darwinismus, die Pflanzen streben alle zum Licht und beanspruchen ihren individuellen Raum. Und da sollen und wollen wir als Fachverwaltung nicht eingreifen. Das Ganze ist nicht auf zehn oder 20 Jahre zu sehen.“

Schon eine „Herzenssache“

„Drollig“ habe die Verwaltung den ersten Vorstoß der Nachbarn für die Umwandlung des alten Betriebshofs am Stadtgarten zum „Tiny Forest“ aufgefasst. In nur zehn Monaten hat sich diese Auffassung schwer geändert, räumt der städtische Baummanager Marcus Kamplade jetzt ein.

„Das Projekt liegt mir inzwischen am Herzen“, gibt er zu. Auf einer freien „Testfläche“ an der Blücherstraße nördlich der Kirchstraße in Günnigfeld will das Grünflächenamt die Möglichkeiten für eine „Kleinst-Anpflanzung“ vorab schon ausloten.

Bei der Anlage soll auf Forst-Ware in üblicher Größe zurückgegriffen werden. Ein Tiny Forest soll möglichst nicht zugänglich sein, allerdings könnten vereinzelte Wege den Bereich in „Inseln“ aufteilen.

Für die Anwohner zeigte sich Özlem Agildere begeistert, welche Wellen das Projekt schlägt: „Das hat Modellcharakter.“