Wattenscheid-Westenfeld. Mit der Biologischen Station östliches Ruhrgebiet entdecken Kinder die Natur. Pflanzen und Tiere in Wattenscheid bieten viel für kleine Forscher.

Der Wilde Westen ist nicht staubtrocken, es quietscht und quatscht unter den Gummistiefeln. Denn den Hang vom Kreisverkehr an der Westenfelder Straße herunter läuft einiges an Regenwasser. Aber hier kommt kein „iiih“, das soll so sein. Hier ist die Wildnis für Kinder, und sie wollen jetzt mit Barbara Pflips und Antonia Hammer von der Biologischen Station östliches Ruhrgebiet in Herne diese städtische Brachfläche unter die Lupe nehmen und erobern. Denn dafür ist diese grüne Ecke da.

Die Projektfläche in Westenfeld kommt bestens an

Beim genauen Hinsehen wuselt und krabbelt es bald überall im Gras und an den Bäumen bei der Wildnistour in Wattenscheid.
Beim genauen Hinsehen wuselt und krabbelt es bald überall im Gras und an den Bäumen bei der Wildnistour in Wattenscheid. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Deshalb gibt es hier auch kaum Trampelpfade, die haben die üblichen Pioniere angelegt: „Gassigänger“, meint Barbara Pflips schmunzelnd. Die tun auch nichts, die Hinterlassenschaften von anderen Besuchern aber hat sie mit Kollegin Antonia noch weggeräumt.

Gummistiefel sind erste Wahl

Ganz ohne Müll geht es wohl auch in dieser versteckten Ecke nicht, zu der man erst einmal den Zugang finden muss. Unberührt bleibt sie dann aber wohl doch nicht, die Gruppe muss über einen alten Autoreifen klettern. Gummistiefel sind erste Wahl.

Ameisen, Asseln, Posthornschnecke

„Müde und hungrig“ sollen die sechs Kinder wieder zurückkommen, haben die beiden Expeditionsleiterinnen den Eltern zwinkernd versprochen, „wilde Tiere und Geheimnisse der Natur“ wollen sie mit ihnen entdecken. Die ersten wilden Tiere finden sich unter einem modernden Balken: Ameisen und Asseln. Und selbst bei der ersten Spinne kommt wieder kein „iiiiih“, die Kinder sind mutig.

Schnell begreifen die Kinder bei der Wildnistour in Wattenscheid: Aufpassen, wohin ihr tretet, denn überall ist Leben.
Schnell begreifen die Kinder bei der Wildnistour in Wattenscheid: Aufpassen, wohin ihr tretet, denn überall ist Leben. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Die Posthornschnecke, die sie auch entdecken, kommt in die Becherlupe, um sie genau zu studieren. „Die hat die Fühler rausgestreckt“, entdecken die kleinen Forscher schnell. An diesem Nachmittag wird nicht nur genau hingesehen, sogar fühlen sollen die Kinder.

Erfolgsprojekt der Biologischen Station

Seit 2010 betreibt die Biologische Station das Projekt Wildnis für Kinder in Herne und Bochum: Städtische Grünflächen in der Nähe von Wohnvierteln werden als Natur-Erfahrungsräume gesichert und sollen als Rückzugsorte für das selbstbestimmte Spielen dienen. Im Juli 2012 wurde mit Hilfe der NRW-Stiftung der erste offizielle Naturerlebnisraum in NRW in Herne-Mitte eröffnet, seitdem entstanden sechs weitere Wildnis-für-Kinder-Flächen in verschiedenen Bochumer und Herner Stadtteilen.

Nachdem beide Pilotprojekte erfolgreich auf den Weg gebracht werden konnten, will die Biologische Station ihre Erfahrungen auch anderen Städten und Initiativen nahebringen: mit Aktionen für Kinder, Informationsveranstaltungen für Eltern, Schulen und Kinder- und Jugendeinrichtungen, einer neu aufgelegten Beratungsmappe „Wildnis für Kinder“ und weiteren Beratungsangeboten. Vor allem sind Impulsveranstaltungen für Kinder auf den Wildnis-Flächen geplant. Zudem werden ehrenamtliche Patenschaften mit Anwohnern und Vereinen aus dem Umfeld der „Wildnisgebiete“ angestrebt. Info: 02323/2296410

„Der Maulwurfshügel ist aus ganz feiner, krümeliger Erde“, verrät Pflips, und die Kinder stecken die Hände hinein. Die Antwort auf die Frage „Wer hat schon einen Maulwurf gesehen?“ kommt prompt: „Im Fernsehen, bei der Sendung mit der Maus“, die Zivilisation ist eben doch nur einmal um die Ecke.