Wattenscheid-Mitte. Vor 60 Jahren war Wattenscheids erstes Hochhaus bezugsfertig. Der Neubau an der Marienstraße setzte Maßstäbe, die Wohnungen waren schnell belegt.
Das Punkthochhaus an der Ecke Hüller-/Marienstraße sollte kein „Wohnsilo“ sein. Der Bau wurde sorgfältig geplant, um 64 Familien eine gute Wohnheimat zu bieten. Auch mit viel Licht! Autor Wilhelm Hüls bringt es in seinem 1962 erschienenen Buch mit dem schlichten Titel „Wattenscheid“ auf besagten Punkt. Der Text beschreibt ein unübersehbares Objekt, das in Dimensionen vorstößt, die bislang nur Kirchtürmen, Fördertürmen oder riesigen Industrieschloten vorbehalten waren.
Das erste WAT-Hochhaus bot modernen Wohnraum für 64 Familien
Rückblende ins Jahr 1960. Auf dem Brachgelände vor den Toren der Alten Freiheit wächst Wattenscheids erstes Hochhaus in die Höhe. Im Mai vor sechs Jahrzehnten wirft die WAZ einen Blick hinter die imposante Kulisse des Hauses, das aufgrund seiner Bauweise in quadratischer Grundform die architektonische Bezeichnung Punkthochhaus trägt.
Kein Wohnsilo
Als Bauherr firmiert die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft, die heutige Wohnungsbaugenossenschaft Wattenscheid eG.
Bei der Planung des zunächst konkurrenzlosen Punkthochhauses sollte gar nicht erst der Eindruck eines anonymen Wohnsilos entstehen - auch mit Blick auf die Gestaltung der 3000 Quadratmeter großen Fassade und des direkten Umfeldes.
Die Bagger rollen bereits im August des Jahres 1959 an, bahnen den Weg in die Tiefe für die Spezialfundamente und die Keller des achtstöckigen Riesen. Schon im Dezember, berichtet die Wattenscheider Zeitung, meldet der Polier: Letzte Decke gegossen. Das Baugrundstück wurde zuvor intensiv untersucht - ein kompliziertes Verfahren endete mit positivem Ergebnis.
Aufzug oder rund 100 Stufen
Das Areal liegt im Einzugsbereich des Watermannschen Bachs, sumpfiges Gelände also. Im Mai 1960 geben sich an der Marienstraße Handwerker die berühmte Klinke in die Hand - gut 100 Stufen sind zunächst bis zur obersten Etage zu erklimmen. Zum Wohnkomfort auf höchstem Niveau, das bezieht sich nicht nur auf die Aussicht vom Balkon, gehören beinahe selbstredend Aufzüge als I-Tüpelchen. Die insgesamt 64 Wohnungen sind ausgestattet mit Einbauküchen, Bädern und Waschküchen und zum Zeitpunkt des Berichtes über die letzte Phase der Innenarbeiten bereits vergeben.
WAZ Wattenscheid war dabei
Die WAZ-Lokalausgabe Wattenscheid notiert im Mai 1960: Bei diesem Projekt wurde aber alles vermieden, was an eine Wohnmaschine erinnern könnte. So verzichtete man auf Müllschlucker. Lediglich die Höhe unterscheidet dieses Wohnhaus von den anderen. Jeder solle sich wie in einem Einfamilienhaus fühlen. Und zum Ende der detaillierten Reportage über die modernste Wattenscheider Wohnwelt des Jahres 1960 heißt es augenzwinkernd, dass Kinder sich hinter der eleganten Fassade und im Außenbereich ebenfalls wohlfühlen werden. Zitat: „Vielleicht noch ein wenig mehr. Denn wer kann schon in anderen Wohnhäusern Aufzug fahren, so lange und so oft er will?“
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