Büdchen-Besitzerin Karin Erkal (56) hat von ihrem Platz aus den Beisenkamp genau im Blick: Wer komm, wer geht? Wer fährt vorbei? Wie wird das Wetter? Was machen die Enten, die gegenüber im Blumenkasten brüten?
Aus dem kleinen Fenster zwischen Bonbons, Zigaretten, Kaugummis und Schokoriegeln sieht sie alles.
Täglich von sieben Uhr in der Frühe bis abends um acht schieben die 65-Jährige und ihr Mann Gündüz Erkal (66) Schicht in den 20 Quadratmetern am Beisenkamp Schicht. Ständig klingeln Kunden, wollen Zigaretten, Bonbons, Zeitungen. Wie viele Artikel das Ehepaar in ihrem Kiosk anbieten, wissen sie nicht und können sie auch nur grob schätzen. „Wir haben allein 120 verschiedene Süßigkeiten, 80 Tabak- und Zigarettensorten, dazu unzählige Spirituosen, Zeitschriften und Zeitungen”, zählt Gündüz Erkal auf. „Und ganz viele Eissorten haben wir.”
Saisonartikel gibt es nicht: Eis ist sommers wie winters gefragt, genauso die Grillkohle. „Wir haben nur noch zwei Säcke übrig, den Rest haben wir in der letzten Woche verkauft. Im Großhandel gibt es aber keinen Nachschub mehr. Da muss man bunkern, um auch im Winter Holzkohle anbieten zu können”, sagt Karin Erkal.
Neben Zigaretten und Zeitungen ist vor allem eines gefragt am Büdchen der Erkals: Nachrichten. „Jeder will wissen, was passiert ist, warum der Krankenwagen in der Straße stand, wer gestorben ist”, erklärt Karin Erkal ihre Funktion als Nachrichtenbörse. „Ich muss Bescheid wissen, muss die Zeitungen lesen, damit ich Auskunft geben kann.”
Tankstellen machen Konkurrenz
In der Vergangenheit gab es mehr zu tun, da saßen die Erkals zu dritt im Büdchen und haben die Kunden bedient. „Früher kamen hauptsächlich die Arbeiter vor und nach der Schicht”, erinnern sich die Erkals, die den Kiosk vor 35 Jahren übernommen haben. „Heute kommen nur noch die Anwohner.” Seitdem Tankstellen und Supermärkte bis 20 oder 22 Uhr geöffnet haben, ist es abends bei den Erkals ruhiger geworden. „Wir haben viel Konkurrenz bekommen. Zeitungen und Bücher gibt es jetzt sogar im Discounter.”
Unersetzlich bleibt ihr Büdchen aber für Notfälle: Erkals haben auch Toilettenpapier, Konservendosen und Pralinen im Angebot. „Wer ein geschenk für die Frau vergessen hat, kann sich die Pralinen sogar von uns einpacken lassen. Wir haben Geschenkpapier und Bänder da.”
Wallfahrt Wiederholung
Die Kiosk-Wallfahrt von Giampiero Piria (die WAZ berichtete) fand am Sonntag trotz Schnee und Eis statt. Zusammen mit einem einzigen Teilnehmer, Wolfgang Schlott, ging der Organisator die Route von Wanne-Eickel nach Wattenscheid ab. Das Büdchen an der Parkstraße, der Kiosk von Ehepaar Erkal am Beisenkamp, sowie die Trinkhalle an der Hochstraße gegenüber der Post waren Ankerpunkte der Tour. Das Büdchen neben der Polizeiwache an der Friedrich-Ebert-Straße war für Giampiero Pirias Anliegen besonders wichtig: „Interessant ist immer die Lage einer Trinkhalle: Von hier aus sieht man die Zeche Holland und die Halde Rheinelbe. Früher kamen hier viele Kumpel auf dem Weg zur Schicht vorbei.” Außerdem sei die Trinkhalle ein Beispiel für einen „begehbaren Kiosk mit Schalterverkauf.”
Einen zweiten Anlauf für seine Kiosk-Wallfahrt startet Giampiero Piria am Sonntag, 3. Januar: „Hoffentlich ist das Wetter dann besser: Bei Schneegestöber oder Dauerregen sieht man nicht so viel.” Weitere Informationen und Kontakt unter 0234/62 372 69 oder giampiero@piria.de per Mail.