Wattenscheid. Am 2. April 1945 erlebt Wattenscheid den letzten von 48 Bombenangriffen – wenig später, am 10. April, besetzen US-Truppen fast kampflos die Stadt.

Je nach Sichtlage Kapitulation, Zusammenbruch oder Befreiung. Persönliche Eindrücke hinterlassen diese historischen Ereignisse bei Rudolf Wantoch, Wattenscheider Heimatforscher und Buchautor. Der Ex-Wart des Heimatmuseums Helfs Hof schilderte dies kürzlich im Rahmen eines Vortrags von Andreas Halwer zum Kriegsende in Wattenscheid vor 75 Jahren.

So sah der von Bomben zerstörte Bereich an der Freiheitstraße noch viele Jahre nach Kriegsende aus.
So sah der von Bomben zerstörte Bereich an der Freiheitstraße noch viele Jahre nach Kriegsende aus. © Stadtarchiv

Rudi, damals sechs, ist mit seiner Mutter in der Innenstadt unterwegs; das Klirren von Panzerketten verheißt zunächst nichts Gutes. Doch als ein schwarzer Soldat ihm vom Panzer herab eine Tafel Schokolade reicht, ist die Welt aus kindlicher Perspektive schlagartig in Ordnung. Daran ändert auch die entsetzte Frage der Mutter nichts, ob er das Geschenk gegessen habe; könnte ja vergiftet sein. War es natürlich nicht. Auf dieser sehr persönlichen Ebene war das Eis gebrochen.

Panzer auch in Höntrop

Die Besetzung Wattenscheids vollzieht sich in zwei Etappen. Zunächst fühlen US-Einheiten am 9. April in Sevinghausen vor, Artillerie nimmt die Flakstellung in Westenfeld im Bereich der Lohackerstraße unter Beschuss. Panzersperren und vereinzeltes deutsches Gegenfeuer halten sie nicht auf. Panzer rollen über Varenholz- und Zollstraße, notiert die Pfarrchronik der kath. Gemeinde Höntrop – unbeeindruckt von spärlicher Gegenwehr.

Sinnloser Widerstand mit Toten

Im Auszug der Chronik über den Ablauf an jenem 9. April steht: „Gegen 10.30 Uhr kommen Infanteristen durch die Hönnebecke und Vincenzstraße, wohl zwei Gruppen zu je zehn Mann, das Gewehr im Anschlag. Die Gartenschwester draußen hielt die Hände hoch, die Amerikaner lachten und kümmerten sich nicht darum. Inzwischen waren unsere eingebauten Flakgeschütze zersprengt worden. Die Stellung rauchte. Die Flakhelfer waren abgezogen.“ Sinnloser Widerstand kostet laut Pfarrchronik zehn Angehörigen von Volkssturm und Hitlerjugend in Eppendorf noch das Leben, sie kämpfen nur mit einem Maschinengewehr und Panzerfäusten.

Der Krieg war hier vorbei. Auch die schweren Luftangriffe, die 328 Menschen in Wattenscheid mit ihrem Leben bezahlen mussten.