Wattenscheid. Immer mehr Vereine kämpfen mit schwindenden Mitgliederzahlen, so auch der MGV Schlägel und Eisen. Nach 140 Jahren endet die Vereinsgeschichte.

Die Bemühungen waren groß: Mehr als 250 Flyer wurden verteilt, persönliche Kontakte angesprochen, zahlreiche Telefonate geführt. Auch Gruppen von Zuwanderern versuchte man für den Männerchor zu gewinnen. Alles vergebens: „Wir haben einfach keinen Nachwuchs mehr gefunden“, sagt Dieter Pade, zweiter Vorsitzender des Traditionsvereins. Zuletzt sangen von 20 eingetragenen Mitgliedern noch 16 regelmäßig mit.

„Als ich vor 40 Jahren eintrat, waren es noch doppelt so viele“, erinnert sich Pade. Daher ist es nun beschlossene Sache: Das 140. Jubiläum ist auch gleichzeitig das Ende des MGV Schlägel und Eisen. Auf einer Vorstandssitzung im Frühjahr fiel die Entscheidung, sich zum Jahresende vom Chorverband Wattenscheid abzumelden. Damit sind auch die Diskussionen um mögliche Fusionen beendet. Schon beim 135. Jubiläum kämpfte man mit schwindenden Mitgliederzahlen.

Wurzeln in der Kohlezeit

Zeitgleich mit dem Ende des Bergbaus verabschiedet sich damit auch ein Kulturgut, welches seine Wurzeln in eben jener Zeit hat - Kohle und Eisen steckten seit je her im Vereinsnamen. „Die Zeiten haben sich geändert“, sagt Pade mit einer Mischung aus Wehmut und Realismus. Mit 76 Jahren zählt er zu den jüngsten im Verein.

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„Die jungen Leute haben heute viel mehr Auswahlmöglichkeiten, weniger Zeit und wollen keine Verpflichtungen mehr eingehen“, weiß Pade. Kaninchen- und Taubenzuchtvereinen gehe es ähnlich. „Vereinsarbeit bringt auch viel Verantwortung mit sich. Beispielsweise müssen Räume gemietet werden und Konzerte angekündigt werden“, gibt Pade zu Bedenken. Auch die Besuchertribünen seien in den letzten Jahren immer leerer geworden.

Kulturgut geht verloren

Besonders traurig macht die verbliebenen Mitglieder der Verlust von Tradition, Liedgut und Sprache. Schließlich zeichnete sich das MGV-Repertoire stets durch Vielfalt aus: Wanderlieder bis Schlager, Musical bis Oper. „Wir haben das deutsche Sprachgut gefördert“, hält Pade fest. Und noch mehr dürfte verloren gehen: „Singen ist gesund, Liedtexte lernen stärkt das Gedächtnis“, betont Pade.

Künftig werden davon wohl nur noch die Relikte zeugen, die der langjährige Vorsitzende Dieter Rohrbach hütet: Gründungsprotokoll aus dem Jahr 1879, Konzertankündigung von 1924, eine vom damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel unterschriebene Urkunde aus dem Jahr 1979.

Abschiedskonzert im Oktober

Aber auch die Erinnerungen an Auftritte in ganz NRW und geschlossene Freundschaften werden die Erinnerung an den MGV wachhalten. „Mir wird die Geselligkeit fehlen“, weiß der zweite Vorsitzende Dieter Pade jetzt schon. Ganz an den Nagel hängen wird er aber nicht. „Wir planen uns monatlich mit einer Ständchenmappe zu treffen“, sagt er. Ein weiteres Mitglied wechselt zum örtlichen Kirchenchor.

Zuvor folgt aber ohnehin noch ein Abschiedskonzert in der Versöhnungskirche Höntrop. „Wir wollen uns schließlich mit Sang und Klang verabschieden, so wie es sich gehört“, betont Dieter Pade.