Bochum-Wattenscheid. Der Infoabend auf dem Hof Rüsing in Höntrop stößt auf großes Echo in der Nachbarschaft. Vorführungen zeigen die besonderen Qualitäten der Pferde.

Gut 200 Interessierte hatten sich vorab bei der Bochumer Polizei angemeldet, bestimmt 250 bewiesen bei dem langen Informationsabend zur Ansiedlung der Landesreiterstaffel auf dem Hof Rüsing Geduld. Über zweieinhalb Stunden an Hintergründen und Detailinformationen boten ihnen Polizei, Landwirt Udo Rüsing und die beauftragte Architektin Urte Meermann sowie Stadtbaurat Markus Bradtke rund um das Projekt am Südpark, ehe die Besucher das zu sehen bekam, worum es eigentlich geht: die Reiterstaffel in Aktion.

Sie schilderten ausführlich den Gang des Verfahrens, der zum Abschluss des auf 20 Jahre angelegten Mietvertrages am 14. Juni 2019 mit dem Landwirt an der Zollstraße führte. Die Landesreiterstaffel ist derzeit noch auf die beiden Standorte in Willich für das Rheinland und Dortmund für Westfalen aufgeteilt und organisatorisch seit September 2015 dem Polizeipräsidium Bochum unterstellt.

Pyrotechnik erschreckte die Pferde bei der Vorführung auf der Koppel nicht.
Pyrotechnik erschreckte die Pferde bei der Vorführung auf der Koppel nicht. © WAZ | Uli Kolmann

Mit großem Nachdruck stellten Polizeipräsident Jörg Lukat, Verwaltungsleiter Dirk Konze und Martin Jansen, Leitender Direktor bei der Bereitschaftspolizei, dar, schon damit habe die Suche nach einem gemeinsamen Standort für die beiden Abteilungen begonnen. Allein wegen der Erreichbarkeit sollte dieser möglichst in der Mitte von NRW liegen, konkreter im Dreieck Bochum, Gelsenkirchen und Essen-Süd.

Europaweit Bewerber gesucht

Auf die europaweite Ausschreibung für eine solche Liegenschaft hätten sich insgesamt 16 Anbieter beworben. Nicht alle Phasen des Verfahrens hätten öffentlich sein können und dürfen, begründeten die Behördensprecher, wie gesetzlich vorgeschrieben. „Grundsätzlich aber sind wir Recht und Gesetz und damit der Wahrheit verpflichtet,“ unterstrich Lukat, „wir wollen nichts beschönigen und nicht versuchen, sie hier einzuvernehmen.“

Die Suche nach der Liegenschaft sei aber keineswegs geheimnisvoll gewesen, die Entscheidung „nicht vom Himmel gefallen.“

Behörde setzt auf gute Nachbarschaft

Martin Jansen, selbst Wattenscheider, begründete, die Entscheidung für die Anmietung gleich auf 20 Jahre

sei auch mit Blick auf die Politik gefallen, um auch bei einem Regierungswechsel der Polizei für die Reitstaffel Planungssicherheit zu geben. Seine Ausführungen nahm die Mehrheit der Zuhörer beifällig und zustimmend entgegen: „Die Reiterstaffel bekommt landesweit Sympathiepunkte wie keine zweite Abteilung,“ und „wir wollen so wenig wie möglich stören, und ein gutes nachbarschaftliches Miteinander ist uns sehr wichtig.“

Dazu zählte er die vorgesehene Stärke an Personal und Pferden auf. 42 Reiterinnen und Reiter, auch in Teilzeit, damit 46 Personen, sollen am Höntroper Standort Früh- und Spätdienst leisten, im Sommer bis 22, im Winter bis 21 Uhr. Überwiegend würden drei Gespanne für die Pferdetransporte benötigt. Ob in diesem

Zahlen und Daten

Ein Stockmaß, also die Schulterhöhe von 1,85 Metern, gilt als Durchschnitt bei den Pferden im Polizeidienst. Daher benötigen allein die Boxen schon mehr Fläche als gewöhnlich. Bei der Planung wurden daher 16 statt der üblichen zwölf Quadratmeter zugrunde gelegt. Ein „Beritt“, die Einsatz-Einheit, besteht aus sechs Pferden und Reitern, für die drei Zugfahrzeuge in der Größe eines VW-Bullis mit Doppel-Anhänger benötigt werden. Auch diese verfügen laut Polizei im Einsatzfall über Sonderrechte im Straßenverkehr.

Polizeipräsident Jörg Lukat machte deutlich, dass ein Beritt im Einsatz bei Fußballspielen oder Großdemonstrationen in etwa eine Wirkung wie ein Polizei-Zug von 40 Kräften erziele.

Zusammenhang die Straße Weidenhagen am Zeppelindamm ausschließlich für Polizeizwecke geöffnet und die Sperrpfosten stattdessen weiter unten an der Zollstraße installiert werden sollen, werde noch überprüft. Es solle jedenfalls kein Durchgangsverkehr auf der Zollstraße entstehen, ein erhöhtes Verkehrsaufkommen sei auch nicht zu erwarten. „Und wir fahren schon gar nicht mit Blaulicht und Martinshorn vom Hof.“

Baurecht als Grundlage

An durchschnittlich einem Fortbildungstag in der Woche würden die Einsatzpferde an optische und akustische Reize gewöhnt, nur dann seien Sirenen, Böller oder Schreckschüsse zu erwarten, „und da wollen wir uns mit der Nachbarschaft abstimmen.“

Sehr bestimmt legte Stadtbaurat Markus Bradtke dar, dass einer Genehmigung baulicher Veränderungen im geltenden Bebauungsplangebiet öffentliches Recht entgegen stehen müsse, „sonst gibt es darauf einen Rechtsanspruch, das ist eine gebundene Entscheidung, eine Abwägung nicht möglich.“ Daher sei die Bauvoranfrage für die Ansiedlung der Polizei auch positiv beschieden worden.

>>> INITIATIVE BLEIBT SKEPTISCH

Für die Stadt Bochum als Genehmigungsbehörde erklärte Baudezernent Markus Bradtke, der Hof Rüsing sei der einzige gewesen, der nach dem Ausschreibungsverfahren von 16 Bewerbern übrig geblieben sei. „Weil es eine flächenschonende Variante ist und der Gebäudebestand mit aufgenommen wird, nicht neu gebaut werden muss.“ Das Vorhaben sei nach den Kriterien aus dem Baurecht „zum Wohl der Allgemeinheit und städtebaulich vertretbar.“

Volker Müller und Tobias Dannappel als Sprecher der Initiative „Freunde des Stadtwalds“ äußerten grundsätzliche Bedenken, dass hier landwirtschaftliche Flächen zugunsten einer weiteren Bebauung aufgegeben würden. Auf ihre zahlreichen Gesprächsangebote sei nicht reagiert worden. Sehr wohl hätte aber auch die Initiative nichts gegen die Landes-Reiterstaffel.