Wattenscheid. So locker und leger wie die Pestalozzi-Realschüler wird Außenminister Guido Westerwelle den Staatspräsidenten Israels bei seinem momentanen Antrittsbesuch wohl nicht erleben.
Shimon Peres hatte am vergangenen Freitagvormittag aus seinem sehr engen Terminplan ein paar Minuten abgezwackt, um die 22 Jugendlichen aus Wattenscheid in seinem Amtssitz in Jerusalem zu empfangen. Die erheblichen Vorschriften des Protokolls und die sehr strengen Sicherheitskontrollen ließen nicht erwarten, dass Präsident Peres den Israel-Besucher aus der Hellwegstadt ganz entspannt in Jeans und grauem Pulli entgegen trat und mit ihnen unter anderem über deren Partnerschaft zu israelischen und palästinensischen Schülern plauderte.
Das Shimon-Peres-Friedencenter und die Peter-Maffay-Stiftung ermöglichen diese noch junge Schulpartnerschaft. Koordiniert wird das Projekt von Medienmanager Sascha Hellen, der den Präsidenten und Friedensnobelpreisträger schon seit Jahren kennt.
Auch wenn die Begegnung in absolut ungezwungener Atmosphäre nicht lange dauern konnte: „Welche Schüler werden schon vom ersten Mann eines Staates empfangen?”, lautete danach der Tenor unter den „Pestalozzis” mit deutlich stolzem Unterton.
Caroline Fischer in Jerusalem gefirmt
Eine besondere Begegnung ganz anderer Art erlebte Carolin Fischer in Israel: Die 15-Jährige wurde in der Kathedrale des katholischen Patriarchen von Jerusalem gefirmt. Diese Glaubensbekräftigung fand in der vergangenen Woche in den Wattenscheider Gemeinden statt, während Carolin an dem einwöchigen Besuch im Nahen Osten teilnahm. Da fand sich die Lösung, die Zeremonie ein paar hundert Meter abseits der Grabeskirche stattfinden zu lassen, „ein Telefonat und ein Fax genügten”, sagte Hellen. Die Rolle der Familienangehörigen übernahmen Carolins Mitschüler, die die Lesungen hielten und extra ein Lied einstudiert hatten. Als Patin vor dem Altar fungierte Silvia Zens, Leiterin der Realschule. Die sehr persönlich gehaltene Firmung in einer Kapelle der Kathedrale nahm Erzbischof Kamal Bathish gemeinsam mit Pater Dr. Bernt Beesch vor.
Der Erzbischof hatte zuvor der jungen Gruppe von Christen, Muslimen und Juden gesagt, diese Konstellation sei der beste Weg um zu beten. Patriarch Fouad Twal ergänzte später: „Jerusalem bindet alle Gläubigen. Wir brauchen euch, um diese Stadt zu einer Stadt des Friedens zu machen.”
Besuch in Bethlehem
Dass dieser Frieden zerbrechlich ist, erlebten die Realschüler bei einem Besuch in Bethlehem, das auf palästinensischem Gebiet liegt. Sie mussten umfangreiche Kontrollen am streng bewachten Grenzübergang hinter sich bringen. Den Israelis ist der Besuch in den Autonomiegebieten von Staats wegen verboten. Aber für alle drei Gruppen konnte zum Ende der Reise nach einer Einladung in israelische Gastfamilien im Jugendhotel eines Kibbuz eine gemeinsame, große Abschiedsparty steigen – mit großem Spaßfaktor, vielen nachtlangen Gesprächen und später auch etlichen Abschiedstränen. Über das Internet sollen die frischen Kontakte gepflegt werden, lange Adressenlisten wurden geschrieben.
Inzwischen herrscht sowohl an der Graf-Adolf-Straße wie auch in Bethlehem und Jerusalem für die Austauschpartner wieder schulischer Alltag. Im Frühjahr kommenden Jahres werden die israelischen und palästinensischen Jugendlichen zum Gegenbesuch in der Hellwegstadt erwartet.