Wattenscheid. . Awo Centrum-Cultur bezieht am „Weltflüchtlingstag“ Stellung zur Situation. Neuankömmlinge könnten prognostizierten Fachkräftemangel auffangen.

Die Zahlen der Neuankömmlinge sind rückläufig, die Kernarbeit im Awo Centrum-Cultur verschiebt sich: Standen in den Jahren 2015/16 vor allem „Feuerwehr-Tätigkeiten“ zur Grundsicherung der Existenzen im Fokus, befinde man sich mittlerweile im „richtigen Integrationsprozess“. Dass die Herausforderungen dadurch nicht geringer sind, sei ebenfalls Realität.

2513 Flüchtlinge waren laut Awo Ende Mai in ganz Bochum untergebracht, 776 davon in Wattenscheid. Deutschlandweit sind die Zahlen der neuen Asylanträge gegenüber den Vorjahren deutlich gesunken, wie der aktuelle „Global-Trend“-Bericht des UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) aufzeigt. Und dennoch: Weltweit befanden sich 65,8 Millionen Menschen im Jahr 2017 auf der Flucht – so viele wie noch nie seit Beginn der Erhebung (1951). Das Centrum-Cultur nahm dies am gestrigen Weltflüchtlingstag zum Anlass, um Stellung zu beziehen und mahnt: „Asyl zu beantragen ist ein Menschenrecht, kein Verbrechen.“

Fragen zur Verlängerung des Aufenthaltsrechts

In der „Regionalen Beratung“ betreut Dana Müller rund 80 Geflüchtete: „Sie kommen zu uns, weil sie etwa Hilfe bei Briefen vom Jobcenter oder dem Sozialamt benötigen. Ein Schwerpunkt sind Fragen zur Duldung und die Verlängerung des Aufenthaltsrechts.“ Man möchte „langfristige Perspektiven schaffen“, ergänzt Mustafa Calikoglu (Awo). „Wir können Erfolge vorweisen, allerdings wird es schwieriger, wenn zu viel Zeit vergeht.“ Khadija Delbaz (Awo) bestätigt: „Es gibt viele Positiv-Beispiele und Personen, die auf dem Arbeitsmarkt integriert wurden. Es könnten allerdings viel mehr sein, wenn die einzelnen Stellen und Behörden besser vernetzt wären.“

„Ankerzentren“ sind keine Lösung

Entschieden sei man gegen die geplanten „Ankerzentren“, in denen laut Koalitionsvertrag künftig Asylbewerber aufgenommen werden sollen. Müller erklärt: „Dort soll von der Ankunft bis zur Entscheidung über eine kommunale Verteilung oder eine Rückführung alles geschehen. Wir betrachten das derzeitige System der ,Erstaufnahme’ zwar nicht als ideal, aber als deutlich besser geeignet.“ Denn: Geflüchtete, die in Städten wohnen, „haben Zugang zur Gesellschaft, Kinder und Jugendliche können Schulen besuchen.“

Neues „Begegnungscafé“ für Frauen startet heute

Die Mitarbeiter des Centrum-Cultur setzen sich für einen Abschiebestopp nach Afghanistan ein. Und sie positionieren sich gegen das neue Gesetz zum Familiennachzug, das am 1. August in Kraft treten soll. Es sieht deutschlandweit eine Beschränkung des Nachzugs auf 1000 Familienangehörige pro Monat zu Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus vor.

Das Projekt „Zukunft Plus“ zur Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen vermittelt zudem Weiterbildungen und Beschäftigungsverhältnisse und bietet fortlaufende Unterstützung auch nach Arbeitsaufnahme.

Heute (21.) startet im Centrum-Cultur, August-Bebel Platz 2a, um 11.30 Uhr das Projekt „Begegnungscafé“ für Frauen aus dem Stadtteil. Jede ist willkommen. Info unter 02327 /32 88 23.

„Chancen auf eine Ausbildung“

Perspektiven soll auch das Projekt „Zukunft Plus“ (Träger „bobeq“) schaffen, das Ximena León leitet. „Wir ermöglichen Personen mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung, Chancen auf eine Ausbildung, die über drei Jahre gehen kann und zusätzlich zwei weitere Jahre für die Arbeitssuche sichert.“ Vor allem im „Pflegebereich“ bestünde Bedarf, den Calikoglu laut Prognosen auf „1000 fehlende Stellen im Jahr 2030 allein in Bochum“ beziffert. Delbaz fügt an: „Die Menschen sind motiviert, jung und gesund. Dieses Kapital sollte genutzt, die Personen ausgebildet werden.“

Daher gehe es aktuell vor allem darum, Geflüchteten „bessere Wege aufzuzeigen, wie man Fuß fassen kann und Begegnungen mit der Gesellschaft zu ermöglichen“, so Delbaz. „Das Centrum-Cultur ist immer geöffnet – für alle Menschen.“