bochum. . Die IHK hat sich am Freitagabend bei ihrem Jahresempfang im Schauspielhaus damit beschäftigt, und am renommierten Wittener Institut für Familienunternehmen zählt es zu den Kernthemen: die Nachfolge in Familienunternehmen. 27 000 familieneigene Firmen stehen deutschlandweit jährlich vor einem Wechsel in der Führungsetage. Nur zwölf Prozent schaffen einer Studie zufolge die Weitergabe bis in die dritte Generation.

Die IHK hat sich am Freitagabend bei ihrem Jahresempfang im Schauspielhaus damit beschäftigt, und am renommierten Wittener Institut für Familienunternehmen zählt es zu den Kernthemen: die Nachfolge in Familienunternehmen. 27 000 familieneigene Firmen stehen deutschlandweit jährlich vor einem Wechsel in der Führungsetage. Nur zwölf Prozent schaffen einer Studie zufolge die Weitergabe bis in die dritte Generation.

Bei den Vogelsangs in Wattenscheid müssen sie sich darüber keinen Kopf machen. Eines der ältesten Unternehmen für den Service an elektrischen Maschinen in Deutschland feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Gesellschafter und Geschäftsführer Christian Vogelsang (49) führt die Holding mit ihrem Flaggschiff, der Elektromotoren GmbH und mit ihren mittlerweile neun Tochterunternehmen und 380 Beschäftigten in vierter Generation.
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Und das mit geschwisterlicher Hilfe. Susanne Kamp (54) ist Geschäftsführerin der Vogelsang und Benning GmbH, die sich mit dem Bau von Prüfständen beschäftigt. Annegret Vogelsang-Foley (52) leitet die Vogelsang Klimatechnik. Drei Geschwister an verantwortlicher Position in einem Unternehmen. Das ist ungewöhnlich.


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„Es ist schon etwas besonderes, mit Geschwistern zusammen zu arbeiten“, sagt Annegret Vogelsang-Foley; auch wenn jeder der Gesellschafter im Tagesgeschäft mehr oder weniger separat tätig sei und es vor allem bei übergreifenden Themen zum Austausch komme. „Der Vorteil ist sicherlich, dass man aufeinander vertrauen kann – das hat aber mehr damit zu tun, dass wir uns verstehen und Werte teilen. Das gibt es bei Geschwistern auch im extremen Gegenteil.“

Jeder habe seinen Aufgabenbereich, so Christian Vogelsang, diplomierter Ingenieur. Seine Schwester Susanne hat Wirtschaftswissenschaften studiert, Annegret Studienabschlüsse in Maschinenbau und Wirtschafts-Ingenieurwesen. Kompetenzen, die sich ergänzen.

45 Millionen Euro Jahresumsatz

Auf 45 Millionen Euro Umsatz kommt das mittelständische Unternehmen, dessen wichtigstes Standbein mit einem Umsatzanteil von 65 Prozent die industrielle Instandhaltung von Elektromotoren und elektrischen Maschinen ist. Aber so wie die Vogelsangs sich irgendwann vom Bergbau und jetzt zum Teil von der Schwerindustrie abnabeln und andere Geschäftsfelder wie die Entwicklung von automatisierten Testfeldern und Lasermessverfahren für Pumpen, Motoren und Transformatoren und den Handel mit Klimatechnik und Klimageräten erobern mussten, wird das Geschäft auch internationaler. Es gibt Niederlassungen in den Niederlanden und Frankreich, die Benelux-Länder sind wichtige Märkte.

Beim Rundgang durch die Hallen zeigt Christian Vogelsang auf einen ausgeweideten Motor und sagt: „Der kommt aus Kuba.“ Es ist ein Beispiel für das internationalisierte Tun. Entweder kommt die Arbeit nach Wattenscheid, mitunter mit dem firmeneigenen Schwertransporter, der bis zu 100 Tonnen schwere E-Motoren in die modernste, 2008 errichtete Werkshalle bugsiert. Oder Vogelsang-Techniker fliegen und fahren um die Welt dorthin, wo die Arbeit wartet: auf Schiffen, in Zementwerken, Stahlwerken oder anderen Industrieanlagen.

Gefragt sind komplexe Lösungen

Das Geschäftsfeld, so Christian Vogelsang, hat sich dramatisch verändert. „Und es ist schwer umkämpft“, ergänzt Susanne Kamp. Investitionen in Hallen und Maschinen seien zwingend notwendig, um Aufträge an Land zu ziehen. Gefragt seien immer seltener einfache Reparaturarbeiten, als vielmehr komplexe Lösungen. „Es gibt in Deutschland keine 20 Firmen, die diese Leistungen anbieten können“, so Kamp.

Bis zu 1000 Arbeitsstunden kann es kosten, einen Elektromotor aufzuarbeiten. Nahezu jedes Teil wird detailgetreu nachgebaut – nicht selten ohne Pläne. Umso wichtiger sind die Fähigkeiten der Belegschaft. „Wir brauchen gut ausgebildete Leute“, so Vogelsang. Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik, Zerspanungsmechaniker, Mechatroniker. 25 Auszubildende gibt es in der Gruppe, jedes Jahr fangen fünf bis sieben junge Frauen und Männer an der Mausegatt an.

Sie sind die Zukunft der Gruppe, die wohl auch künftig von der Familie geführt wird. Während laut einer Studie nur ein Prozent die Weitergabe des Familienunternehmens bis in die fünfte Generation schaffen, sind die Vogelsangs gut gewappnet. Mehrere Kinder studieren Ingenieurwesen und Volkswirtschaft, andere stehen vor dem Abitur. Und Johanna, die Tochter von Christian Vogelsang, absolviert gerade ihr Schulpraktikum in der Firma. Jeder Menge Potenzial für die Zukunft.

Umzug 1975 von Alt-Bochum nach Wattenscheid

Im Bereich der heutigen Bessemer Straße begann 1918 die Geschichte der Firma Vogelsang. Als „Bochumer Elektromotorenwerke Wilhelm Vogelsang“ gegründet, überstand es die Widrigkeiten der Finanzkrise Anfang der 1930er Jahre ebenso wie den Zweiten Weltkrieg.

Nach dem Wiederaufbau der zerbombten Lager- und Produktionsstätten erhielt Vogelsang vor allem Aufträge aus der Stahl- und Montanindustrie. Als Werner und Christa Vogelsang 1960 die Geschäfte übernahmen, beschäftigte das Unternehmen sechs Mitarbeiter, wuchs in der Folgezeit aber kontinuierlich. Der neue Standort an der Castroper Straße sollte sich bald schon als zu klein erweisen.

„Bochum hatte kein Grundstück für uns, deshalb sind wir 1975 nach Wattenscheid gezogen. Die Wirtschaftsförderung dort war damals sehr rührig“, so Christian Vogelsang. Und heute? Allmählich wird es auch an der Mausegatt eng. Aber eines ist klar: „Wir sind im Ruhrgebiet verwurzelt und bleiben ihm verbunden.“