Bochum-Wattenscheid. Beim Weihnachtsbaumschlagen war am Wochenende einiges los. Beim Aufwärmen auf dem Hof von Hermann Appelbaum in Sevinghausen gab es auch Glühwein.
Gelassenheit fällt auf, wenn ringsherum wuseliges Treiben herrscht. Wenn der leichte Wind die Freileitungen leise sirren lässt, der Dunst dieses Adventssonntags gerade einmal den Blick bis nach Essen freigibt, gleich nebenan. Das Geräusch der Motorsäge würde sonst auffallen, heute nicht. „Ist doch gut, dann wird gearbeitet“, kommentiert Hermann Appelbaum, ganz gelassen schmunzelnd.
Mehr als „jo, richtig gut“ will der Landwirt auch gar nicht übers Wetter verlieren. Wer heute zu seinem Hof nach Sevinghausen gekommen ist, kann sich aufwärmen: Am Grill, am Feuerkorb, oder mit Glühwein. Aber die meisten Besucher sind Stammgäste im engeren Wortsinne, werden beim Weihnachtsbaumschlagen warm.
„Genetzt“ in eigener Maschine
Schlagen aber nicht, sie sägen ihren Favoriten mit mitgebrachtem Werkzeug für die weihnachtliche Atmosphäre zu Hause aus den insgesamt drei Hektar mit „so 25 000, 28 000“ Bäumen, „einmalig in Bochum“. Überwiegend Nordmanntannen (übrigens nach ihrem Entdecker Alexander von Nordmann benannt, einem Biologen aus Finnland, der sie erst 1835 vom Kaukasus auch in unseren Gefilden heimisch machte), „die kann man so anfassen, auch ohne Handschuhe“, erklärt Appelbaum.
Mit etwa vier Jahren kommen die Jungbäume hier an, mit gut zehn sind sie so weit gewachsen, um ausgesucht und abtransportiert zu werden. „Genetzt“ selbstredend, angesichts der Menge mit eigens entwickelter Zugvorrichtung. Zum WAZ-Abonnenten-Aktionstag waren es „so um die 300“ schätzt Appelbaum.
Ein gutes Dutzend Helfer ist dafür schon nötig, neben der Familie die zuverlässigen aus dem Verein, klar, Gänsereiter. In der Remise zeigen die großen Wappen früherer Königspaare, dass die Traktoren auf dem Hof zum Karneval nicht nur in der Landwirtschaft eingesetzt werden, sondern auch beim Zug dabei sind.
Erlebnis für Familien
Die Weihnachtsbäume aus Sevinghausen finden ihre Freunde nicht nur aus der direkten Nachbarschaft, wie die Kennzeichen der zahlreichen Pkw zeigen, die hier heute ausnahmsweise rangieren. Zu den Abnehmern gehört etwa schon traditionell auch ein Autohaus aus Solingen, das den Erlös des Baumverkaufs an die bekannte Aktion „Lichtblicke“ weitergibt.
Und nicht nur für Familien aus der Nähe ist ein Ausflug zum Weihnachtsbaumschlagen auf dem Hof tief im Westen der Stadt ein Erlebnis. Für 35 Gäste aus Bergkamen ist das ein Event, die machen sich hier einen schönen Nachmittag. Organisiert von einem „alten Skikollegen“ von Hermann Appelbaum. Für den Reisebus, mit dem die Gesellschaft hergekommen ist, stellt sich der 60-jährige Landwirt mitten auf den Hof, um eine Gasse zum Rangieren frei zu halten.
Aber Fahrerin Kathrin hinter dem Steuer meistert auch die engen Kehren. Ganz gelassen.
>>> INFO: Erdbeeren warten auf Wärme
Vorn die Tannen auf drei Hektar, hinten eher unscheinbar die Früchte des nächsten Frühsommers: Die riesigen Gestelle auf Appelbaums Feldern werden schon ab Mitte Januar ihren Zweck erfüllen.
Unter der schützenden Folie lassen sie die Temperaturen auf den Feldern so weit ansteigen, dass die Erdbeerentreiben.