Wattenscheid. . Sanierung der Außenfassade sorgt für Aufwertung. Projekt „Soziale Stadt“ fördert die Maßnahme. Eigentümer berichtet über die bewegte Geschichte.

Ein Haus voller Historie, zentral gelegen und dort eines der letzten architektonischen Zeugnisse vergangener Tage in der Wattenscheider Innenstadt. Was trotz Denkmalschutz in der Gertrudisstraße scheiterte und für viel Ärger sorgte, soll sich am Alten Markt nicht wiederholen.

Dort erfuhr das Fachwerkhaus mit der Hausnummer 3 eine gut sichtbare Fassadensanierung und präsentiert sich nun im neuen, dennoch rustikal-angehauchten Glanz.

Gebäude stammt aus dem Jahr 1890

Im Kaiserreich geht die Ära „Otto von Bismarck“ zu Ende, die Alte Freiheit wächst rasant an und gehört als „amtsfreie Stadt“ zum Landkreis Gelsenkirchen und die Friedenskirche feiert zehnjähriges Bestehen. Auch ein Haus wird im Jahr 1890 fertig gestellt, wie der heutige Eigentümer Eberhard Köhn (78) zu berichten weiß: „Es besteht halb aus Stein, halb aus Fachwerk, welches offensichtlich noch aus einem anderen Haus stammt. Das sehr dicke Eichenholz wurde damals eigentlich nicht mehr verwendet.“

Köhn teilt eine weitere Entdeckung: „Ein Balken ist noch mit einer Gravierung aus dem 18. Jahrhundert versehen. Wenn man weiter denkt, könnte die Eiche zum Zeitpunkt des Schlagens über 200 Jahre alt gewesen, möglicherweise also noch zu Martin Luthers Zeiten gepflanzt worden sein“, spekuliert der Hattinger.

Das Gerüst ist mittlerweile abgebaut worden.
Das Gerüst ist mittlerweile abgebaut worden. © Gero Helm

Sicher ist hingegen, dass sich die Wege von Köhn und seinem Haus bereits während seiner Tage als Lehrling kreuzten: „1957 bin ich jeden Morgen mit der Bahn von Bochum nach Gelsenkirchen gefahren und an dem Haus vorbeigerumpelt“, erinnert er sich. Eine „stille Liebe“ sei es seitdem gewesen, witzelt Köhn: „Als ich 1981 dann nach einem Haus suchte, ergab es sich zufällig, dass es genau dieses war.“

Fotografischer Schatz gefunden

Zunächst stand viel Arbeit an: „In das Haus war zuvor eingebrochen und Feuer gelegt worden. Es sah fürchterlich aus, sehr viel Farbe ist verbrannt, aber das Eichenholz war zum Glück noch gut erhalten.“ Einen kleinen „Schatz“ entdeckte der neue Besitzer auch: „In einem nicht geplünderten Raum fanden wir eine alte Box mit vielen Fotos, unter anderem vom ‚Boxeraufstand‘ in Peking.“

Aufwertung gemeinsam gestemmt

Durch die „Soziale Stadt“ wurde der neue Anstrich der Außenfassade gefördert. Eigentümer Köhn sanierte zudem die Fenster selbst. Stadtteilarchitektin Katja Schlemper hebt weiterhin hervor: „Aus meiner Sicht ist der größte Effekt die Umgestaltung der Außenreklame. Der Name des Restaurants in Kombination mit Werbeschriftzügen ist nun sehr zurückhaltend und dem Haus entsprechend gestaltet.“ Das sei nicht einfach in der Umsetzung: „Wenn’s gelingt, ist die Freude umso größer“, so Schlemper.

Mario Oliveri, der seit über 13 Jahren die Osteria betreibt, machte dies in Zusammenarbeit mit seinen Getränkelieferanten zusätzlich zur Fassadensanierung möglich: „Wir haben die äußeren Werbetafeln in Eigenregie abmontiert, Peter Stark (Wattenscheider Werbedesigner, Anm. d. Red.) die neuen Schriftzüge im passenden Stil aufgemalt. Das ist auch für uns eine deutliche Aufwertung.“ Effektiv sieben Tage sei gearbeitet worden, alles Hand in Hand gegangen, zeigt sich Oliveri zufrieden.

Eigentümer, deren Immobilien innerhalb des „Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes“ liegen, können Fördermittel für die Sanierung beantragen. Kontakt zum Stadtteilbüro und zur Architektin Katja Schlemper unter Tel. 02327 / 91 97 93 0, per E-Mail an info@wat-bewegen.de oder persönlich im Ladenlokal Westenfelder Straße 1.

Mietwohnungen und Gewerbe

Heute sind mit der Osteria „La Piazza“ und dem Geschäft „LeichtSinn“ zwei Gewerbe sowie Mietparteien dort beheimatet. Im Rahmen des Förderprojektes „Soziale Stadt“ wurde die Sanierung der Außenfassade mitfinanziert. „Es ist aufwendiger geworden, als man es sonst vielleicht gemacht hätte“, ist Köhn für die finanzielle Unterstützung dankbar. „Als ich auf dem Gerüst stand und die alten Holzfenster angepinselt habe, bekam ich das sehr positive Echo der Leute mit, die vorbeigingen.“

Durch die Bezuschussung sei nun noch Geld übrig, um im kommenden Jahr auch das alte Treppenhaus neu zu streichen.