Am Sonntag, 20. Juni 1948, halten die Wattenscheider erstmals die neue Währung in den Händen.Wer einen Ansturm auf die Umtauschstellen befürchtet hatte, sah sich getäuscht

Repros: WAZ, Karl Gatzmanga Der Rubel rollte wieder. Mit dieser Maschine sortierte die Sparkasse die Münzen der neuen Währung.
Repros: WAZ, Karl Gatzmanga Der Rubel rollte wieder. Mit dieser Maschine sortierte die Sparkasse die Münzen der neuen Währung. © privat

"Der einzige Bezugsschein ist jetzt die Deutsche Mark." Der Mann, der das vor sechs Jahrzehnten verkündet, ist kein geringerer als der spätere "Vater des Wirtschaftswunders": Ludwig Erhard, 1948 Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets und ein Jahr später Bundeswirtschaftsminister.

Endlich ist er da, der Tag X. Es ist ein Sonntag, jener 20. Juni 1948, als die Wattenscheider zum ersten Mal ganz offiziell die neue Währung in den Händen halten, die künftig D-Mark heißen wird. Die Währungsreform in Westdeutschland legt den monetären Grundstein für eine Erfolgsstory, die 53 Jahre anhält.

Das entsprechende Kapitel in der Jubiläumsschrift der Stadtsparkasse Wattenscheid, 1964 zum 100-jährigen Bestehens des Geldinstitutes erschienen, beleuchtet dieses historische Ereignis aus lokaler Perspektive.

Die Chronik rechnet vor: "20.6. 1948! Kopfgeld! 40 neue Deutsche Mark! 20 (weitere) DM sollen am 8. 9. 1948 ausgezahlt werden. Fast 800 Helfer hat die ,Kopfstelle' beim Ernährungsamt Wattenscheid eingesetzt. Die Gesamtverantwortung trägt im Ortsbereich Oberstadtdirektor Hollenkamp, im Lande Nordrhein-Westfalen der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Sparkassendirektor Barner gehört der Wattenscheider ,Kopfstelle' an; die Sparkasse hat, vor allem bei der Auszahlung und Berechnung der 2. Rate einen Berg Arbeit zu bewältigen. Eine Flut von Formularen! - Keine Schlechtwettermeldung, durchweg heiterer Himmel! Nur die Bediensteten der Stadtsparkasse leisten dieses Jahr hindurch unentwegt ungezählte Überstunden; über eine Vergütung wird man später sprechen. . .!"

Die heiß ersehnte Einführung der D-Mark ist eng verbunden mit dem Umtausch der alten Reichsmark. Sie ist das Papier nicht mehr wert, auf dem sie gedruckt wurde. Mit der Reform verschwinden auch Preisbindung und Zwangsbewirtschaftung, sie ebnet den Weg zu sozialen Marktwirtschaft, maßgeblich geprägt von Ludwig Erhard.

Die Urahnen der späteren DM-Noten legen im Juni 1948 einen weiten Weg zurück, bevor sie in der Alten Freiheit unters Volk kommen. Die Pressen dieser Geldscheine stehen in den Vereinigten Staaten von Amerika, dort wird schon im Oktober 1947 das erste neue Geld gedruckt.

Pünktlich um 8 Uhr morgens öffnen die zehn Umtauschstellen am 20. Juni 1948 in Wattenscheid ihre Pforten, bis 20 Uhr gibt es für die Bürger die Möglichkeit, die ungeliebte Reichsmark loszuwerden. Wer im Vorfeld einen Ansturm sondergleichen befürchtet hat, irrt. Die lokale Presse bescheinigt der Bevölkerung in einem Beitrag ein diszipliniertes Verhalten bei der Ausgabe des Geldes, Stockungen gibt es nicht.

Eine interessante Beobachtung hält die "Wattenscheider Neue Zeitung" damals fest. "Am Sonntagabend hatten die Kinos noch einmal Massenbesuch, manche Lokale aber hielten bereits geschlossen, und die kleine Kirmes in Eppendorf war vorsorglich bereits am Sonntagvormittag abgebrochen worden."

Geld macht manchmal doch glücklich. Dies untermauert ein Blick in die Schaufenster und Regale der Geschäfte. Plötzlich sind sie wieder zu haben, die Dinge, die viele nur noch vom Hörensagen kannten. Mit der "Freigabe wichtiger Verbrauchsgüter" normalisiert sich das Leben.