Mehrere Generationen gingen in der offenen Einrichtung ein und aus. Mitarbeiter erinnern sich und erzählen, wie es weitergeht – nämlich an mehreren kleineren Standorten im Stadtgebiet. Den vollen Umfang der Jugendarbeit können die Betreuer nicht aufrechterhalten.
Seit gut vier Jahren wussten sie, dass Ende 2014 Schluss sein würde. Jetzt ist Ende 2014. Am Samstag öffnete das Ludwig-Steil-Haus (LSH) zum letzten Mal für Kinder und Jugendliche. Die Kirchengemeinde Wattenscheid, die derzeit ein neues Gemeindezentrum am Alten Markt baut, kann das nunmehr denkmalgeschützte Haus aus den 50er Jahren nicht mehr unterhalten und sucht einen Käufer.
„Kannst du nicht meine Mama sein?“
„Tränen nicht“, beschreibt der langjährige Leiter Karl-Wilhelm Roth sein Gefühl, „aber wenn ich jetzt so darüber spreche, habe ich schon einen Kloß im Hals.“ Er sitzt mit Angelika Brinkmann und Michael Boltner im Caféraum des Hauses. Den anderen beiden geht es ähnlich. Brinkmann, die jüngste der drei Sozialarbeiter, ist immerhin auch schon seit 1993 da. Mitunter ist es vorgekommen, erzählt sie, dass Kinder gesagt haben: Kannst du nicht meine Mama sein? Michael Boltner erzählt von den Korsika-Fahrten: „Viele sagen heute noch: War ‘ne tolle Zeit. Und ganz viele der Kinder von damals sind mittlerweile selbst Eltern und bringen ihre Kinder zu uns.“
Verlässliches, offenes Betreuungsangebot
Die vom LSH sind auf jeden Fall da, und die Eltern wissen, wo ihre Kinder sind. Auf diese Botschaft wurde seit 1971 gesetzt, als die evangelische Gemeinde das erste Haus der offenen Jugendarbeit in der Stadt Wattenscheid ins Leben rief. Schon in den 90er Jahren gab es einen Mittagstisch, es gab Kursangebote in Schulen sowie Hausaufgabenbetreuung, und immer das offene Freizeitangebot, Fahrten und Ferienpass-Aktionen.
Auch Karl-Wilhelm Roth hat in seiner Jugend den Weg vom Elternhaus in Höntrop „gerne auf mich genommen, weil das hier der zentrale Treffpunkt war“. Ab den 80er Jahren war er als Sozialarbeiter am Ort. Zu der Zeit kamen zu den Discos bis zu 400 Leute, so viele, dass die Scheiben beschlugen und eine Lüftungsanlage her musste.
Zuletzt 120 Kinder und Jugendliche pro Woche
In den letzten 15 Jahren aber, sagt Michael Boltner, „hat sich die Mobilität der Jugendlichen massiv erhöht“. Die Zielgruppe zerstreut sich auf immer mehr Angebote, und die Schule nimmt die Schüler heute länger in Anspruch. Das LSH ging mit der Zeit und verlängerte die Öffnung bis in den Abend hinein. Zuletzt, schätzen die Sozialarbeiter, waren 120 junge Menschen pro Woche im Steil-Haus.
Das zentrale Angebot in Heide werden sie künftig nicht mehr vorfinden. Die dreieinhalb hauptamtlichen Stellen des LSH werden übers Stadtgebiet verteilt: Roth und Mitarbeiterin Kerstin Schümann arbeiten ab März im neuen Jugendcafé an der Oststraße. Boltner und Brinkmann sind dann im Wichernhaus anzutreffen, Brinkmann außerdem beim VfB Günnigfeld. Manche Angebote werden in St. Joseph weitergeführt. Auf die Frage, „was machen wir, wenn ihr weg seid?“, verweisen die LSH-Leute auf das Folge-Angebot in der Geitlingstraße.
Streuverluste durch mehrere Standorte
Eröffnung für Anfang März geplant
Das neue Jugendcafé an der Oststraße 37 soll im März 2015 öffnen. Seit Mai arbeiten Jugendliche an der Renovierung des Ladenlokals. Der Gruppenraum ist fast fertig, Büro und Küche entstehen gerade, doch auf der mittleren Ebene ist noch viel zu tun.
Der Gruppengeist sei beachtlich, sagt Roth: „Man spürt deutlich, dass das ihr Café wird.“
Roth sagt: „Es ist uns ein Herzensanliegen, dass wir die Kinder in Heide nicht unterversorgt zurücklassen.“ Man solle sich aber keine Illusionen machen, „für die Kinder im Stadtteil fällt ein großer Angebotsteil weg.“ Boltner sagt: „Fakt ist, dass wir das in der personellen Besetzung nicht mehr alles stemmen können.“ Das neue Angebot in St. Joseph soll z.B. sechs Stunden pro Woche umfassen.
Wie sich die Jugendarbeit ab 2015 entwickelt, bleibt abzuwarten. Karl-Wilhelm Roth schätzt, es seien noch zweieinhalb Monate zu überbrücken, bis man an allen neuen Standorten am Start ist.