Lange Zeit lebte der Ausnahmemusiker in Recklinghausen und Oer-Erkenschwick.
Oer-Erkenschwick/Vest. Er kam nicht, er erschien. Louis Thomas Hardin, am 26. Mai 1916 in Maryville/Kansas geboren und heute vor zehn Jahren in Münster gestorben, tauchte – als er schon unter seinem Künstlernamen Moondog weltberühmt war – 1974 in Recklinghausen auf. Kurios: In New York hielt man zu diesem Zeitpunkt den Mann von der Straße für tot. In einer TV-Talkshow bedauerte Paul Simon, eines seiner großen musikalischen Vorbilder, Moondog, sei verstorben. Doch da war er bereits bei Tom „Tornado” Klatt in Recklinghausen. „Ich habe ihn 1974 zu mir geholt. Wir haben drei Jahre lang zusammen gewohnt. Hinter dem Pferdemetzger in der Innenstadt”, erinnert sich Klatt. Er organisierte für den Ausnahmemusiker Konzerte und besorgte ihm Plattenverträge.
„Er hat in der Altstadtschmiede gespielt, Konzerte in Münster und im Robert-Schumann-Saal in Düsseldorf gegeben, um nur einige zu nennen. Außerdem waren wir in der Schweiz, weil es am Schauspielhaus in Zürich eine große Ballettvorstellung geben sollte, was aber letztendlich nichts wurde. Ich kannte Moondog–Musik zwar schon vorher. Aber letztendlich hat er mir den Zugang zur klassischen Musik eröffnet.” Ein weiteres musikalisches Ereignis, von dem es leider keine Aufnahmen gibt, fand im Marler Rockschuppen „Metropol” statt. Moondog spielte damals mit der Gruppe „Think”.
Weihnachten in Oer-Erkenschwick
Später wurde er von der Oer-Erkenschwicker Studentin Ilona Goebel angesprochen und, zunächst nur für ein paar Tage, ins elterliche Haus nach Oer-Erkenschwick eingeladen. „Mein elf Jahre alter Bruder”, erzählte sie damals, „wollte ihn zu Weihnachten zum Essen nach Hause einladen, weil er ihm so leid tat. Aber keiner aus der Familie traute sich, ihn zu fragen. Und dann sah ich eine Platte mit seiner Musik – Orchesterstücke, gespielt von 45 Musikern, mit einer Menge Solisten. Die kaufte ich. Als ich seine Musik zum ersten Mal hörte, war ich ergriffen.” Später lernte sie, seine Kompositionen aus der Blinden- in normale Notenschrift zu übertragen.
Comeback in New-York
Nach vielem Hin und Her erlebte er 1989, anderthalb Jahrzehnte nach seinem Weggang, in New York ein vielbeachtetes Comeback. So plötzlich, wie er damals verschwunden war, tauchte er dort wieder auf. Das 10. New Music America Festival hatte ihn eingeladen, einige seiner Kompositionen aufzuführen. In einer Folge von Widmungen an Musiker wie Benny Goodman, Lester Young, Charlie Parker und Artur Rodzinski dirigierte Moondog selbst das Philharmonische Kammerorchester Brooklyn. 1997 nahm er das Album „Sax Pax For a Sax” in den USA auf. Zwei Jahre später starb er an Herzversagen in Münster.