Recklinghausen. .

Man darf gespannt sein, wenn sich heute Abend der Vorhang zur Eröffnungspremiere der Ruhrfestspiele hebt. Denn der Regisseur heißt Stefan Pucher. Er gehört zur Garde der stilprägenden, jungen Regie-Asse, und er ist bekannt dafür, dass er seine Stoffe auf ganz besondere Weise „rockt“.

Seinen elektrisierenden „Othello“ hat das Festspielpublikum noch in bester Erinnerung. Nun bringt er einen Klassiker der Moderne auf die Bühne: Ibsens „Hedda Gabler“. In der Titelrolle ein Star: Nina Hoss, mit TV-, Theater- und internationalen Filmpreisen geradezu überschüttet.

Dass ihr Platz bei der Pressekonferenz zur Premiere leer bleibt, ist gleichwohl kein Hinweis auf irgendwelche Allüren: „Nachher startet die Generalprobe und Frau Hoss musste schon in die Maske, die recht aufwendig ist“, entschuldigt Intendant Frank Hoffmann das Fehlen.

Dafür plaudert der Regisseur locker und gelöst und gar nicht premieren-gestresst: „Ich bin sehr glücklich, dass ich Nina Hoss für die Hedda gewinnen konnte. Sie ist eine Top-Schauspielerin, die im Stück echte Schwerstarbeit leistet. Sie ist die ganzen zwei Stunden auf der Bühne, inklusive rasend schneller Kostümwechsel. Und sie hat riesige Mengen Text.“

Radikale Striche

Und das obwohl Pucher in seiner Ibsen-Fassung radikale Striche gemacht hat. Und das nicht allein – das ganze Ensemble habe in zweiwöchiger Arbeit die neue Fassung erarbeitet. „Wir haben uns auf den Krimi konzentriert“, meint Pucher. Was ihn am Stück besonders gereizt habe? „Ich hab schon mal Ibsen in Wien gemacht. Das ist ordentlich in die Hose gegangen. Und da dachte ich, ich versuch‘s im hohen Norden noch mal. Im Ernst: Ich finde, das psychologische Drama hat etwas sehr Filmisches. Ich habe gerade eine Theater-Adaption eines Fassbinder-Stoffes gemacht und finde, dass Hedda Gabler sehr viel mit Fassbinder-Filmen zu tun hat.“

Folgerichtig erzählt Stefan Pucher die Geschichte auch mit filmischen Mitteln in drei verschiedenen Zeitebenen (1890, 20er-Jahre und zu Beginn der 70er-Jahre) und mit überblendenden Videoprojektionen. Mitten drin Hedda Gabler, absolut uneindeutig – mal Opfer, mal Täter.

Total begeistert ist das Ensemble des Deutschen Theaters Berlin von den Arbeitsbedingungen, die sie in Recklinghausen vorgefunden haben: „Zwei Wochen lang morgens und abends die große Bühne zur Verfügung. Das war luxuriös“, schwärmt Schauspieler Alexander Khuon. „Dieses Festspielhaus ist ja wie ein Raumschiff, das irgendwo in der Abgeschiedenheit gelandet ist. Die Intimität und Konzentration, mit der man hier arbeiten konnte ist toll. Man vergisst die Welt drumherum völlig. Die einzige Gefahr ist vielleicht, dass man hier einen Lagerkoller bekommen könnte“, schwärmt auch Regisseur Stefan Pucher von der Arbeitsatmosphäre auf dem Hügel.