Recklinghausen. .

Es ist nicht zu leugnen, dass die Städte sich in guten Zeiten Luxus gegönnt haben. Manches Bürgerhaus oder Freibad wäre aus heutiger Sicht besser nicht gebaut worden. Doch darin allein die Ursachen der kommunalen Finanzkrise von heute zu suchen, wäre nicht angemessen. Fragen und Antworten zu diesem Thema:

Wie sind die Städte des Kreises Recklinghausen überhaupt in die Finanzmisere geraten?

Der Finanzwissenschaftler Prof. Dr. Martin Junkernheinrich (TU Kaiserslautern) hat in einem Gutachten für den Kreis festgestellt, dass es das Land NRW seit 25 Jahren versäumt habe, den tatsächlichen Finanzbedarf im sozialen Bereich zu ermitteln und anzuerkennen. Dramatisch wurde die Situation dann mit der Einkommenssteuerreform: Von 2000 bis 2006 addierten sich die Steuerverluste der zehn kreisangehörigen Kommunen auf fast 300 Mio. Euro.

Warum explodieren die Kassenkredite?

Was dem Verbraucher sein Dispo, ist der Stadt der Kassenkredit: Ein Puffer, um vorübergehende Engpässe aufzufangen. Weil die eigenen Einnahmen und die Zuweisungen des Landes nicht ausreichen, um allein nur die Pflichtaufgaben zu erfüllen, sind die Städte gezwungen, sich ständig frisches Geld zu leihen. Das Volumen der Kassenkredite beläuft sich im Kreis aktuell auf 1,7 Milliarden Euro.

Kann eine Stadt zahlungsunfähig werden?

Dass die Banken den Kommunen den Geldhahn zudrehen, ist nur schwer vorstellbar. Denn Städte und Gemeinden gelten als erstklassige Schuldner. Das liegt an den Mechanismen des Finanzausgleichs in Deutschland: Der Bund steht finanziell für die Länder ein, die Länder für die Kommunen. Mit anderen Worten: Solange die Bundesrepublik höchste Bonität besitzt, sind auch die Städte auf der sicheren Seite.

Trotzdem ist es für die Kommunen längst nicht mehr so leicht, neue Kassenkredite zu erhalten. „Früher haben wir bei Ausschreibungen zehn bis 15 Angebote erhalten, heute nur noch drei bis fünf“, berichtet Hertens Stadtkämmerer Matthias Steck.

Haben die Städte eine Chance, sich aus der Finanzkrise zu befreien?

Dabei soll der Stärkungspakt Stadtfinanzen helfen: Die Städte, darunter alle zehn aus dem Kreis RE, erhalten etliche Millionen zusätzlich vom Land und verpflichten sich im Gegenzug zu weiteren Sanierungsmaßnahmen. Auf diese Weise soll mittelfristig ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden.