Recklinghausen. . Für Jan Fabres theatralisches Frühwerk in der Kunsthalle wünschten sich die Eröffnungs-Rednerlebende Kleindarsteller aus der Familie der achtbeinigen Theraphosidae: der Vogelspinnen.

Den vernehmlichsten Applaus zwischen den Vitrinen voller skurril mutierter Krabbeltiere gab’s für Dr. Frank Hoffmann. In der Kunsthalle hatte der Intendant der Ruhrfestspiele angekündigt, „dass wir in den nächsten Jahren weiter zusammen arbeiten werden“.

Wir – das sind natürlich der Kunstbunker und die Traditions-Festspiele, die in den letzten beiden Jahren das Rangfoyer im Festspielhaus als durchaus attraktiven Ausstellungsort nutzten. Auch für das kommende Programm „Aufbruch und Utopie“ sorgt das Deutsche Literaturarchiv Marbach mit „Finden: 1913“ wieder für Lese- und Schaustücke.

Mit Jan Fabre und seinen Insekten-Zeichnungen und -Skulpturen würdigte Frank Hoffmann ausdrücklich auch einen Theater-Kollegen. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, sagte der Festspiel-Chef mit Hermann Hesse, nannte das kleine, tarngrüne Tipi, in dem sich einst der werdende Künstler im Garten seines Antwerpener Elternhauses als Künstler/Entomologe versuchte, eine „Performance ohne Publikum“. Dass Jan Fabre ein Theatermann ist, so Frank Hoffmann, sehe man am labyrinthischen Spinnentheater.

Für Zelt wie „Theater“ leisteten die vier Techniker der städtischen Museen ganze Arbeit. Die Kunsthalle zeigte sich wie verwandelt mit den eingebauten Kabinetten unter Rotlicht – und dem bläulichen Anstrich aller drei Ausstellungs-Etagen. Zur Perfektion dieser theatralischen Inszenierung bildender Kunst fehlten nur: Theraphosidae – einige Exemplare aus der Familie der Vogelspinnen. „Ich bedauere sehr, dass hier noch keine lebenden Spinnen laufen“, sagte Frank Hoffmann zum vernehmlichen Raunen des zahlreichen Publikums.

Bürgermeister Wolfgang Pantförder krönte das kleine Spinnen-Spektakel um die artgerechte Haltung der großen Gliederfüßer in liebevoll gestalteten Kunstschnee-Landschaften und SM-Folterkellern en miniature mit einem Spenden-Appell: „Schauen Sie mal zu Hause, ob Sie sich mit einer Leihgabe beteiligen können.“ Diese Ausstellung könne so „interaktiv organisiert werden“. Also: Hobby-Arachnologen vor!

Ernsthafter, aber durchaus Pointen-gespickt würdigte der Kunsthistoriker und Katalogautor Manfred Schneckenburger das Fabre’sche Oeuvre von „obsessiver Konzentration“. Der zweifache Documenta-Chef (von 1977 und 1987) sprach von der „starken Liebe“ des damals gerade 20-jährigen Flamen Jan Fabre zu flämischen Altmeistern wie Pieter Breughel. Das Faible fürs Groteske ist schließlich in den kleinformatigen Zeichnungen und Skulpturen unübersehbar.

Metamorphosen und Mutationen sind die Schlüssel-Begriffe: nicht nur für die Evolution der Insekten, sondern auch für das bildnerische Oeuvre des Autors, Choreographen, Regisseurs, Bühnenbildners, Zeichners und Bildhauers Jan Fabre. Sein „manisches Frühwerk“, wie es in der Kunsthalle zu sehen sei, nannte der 76-jährige Manfred Schneckenburger „so perfekt wie pervers: Gelegentlich versagen auch Obsessionen vor dem, was wir guten Geschmack nennen“.

Und Mijnheer Fabre selbst? Der heute 54-Jährige hörte aufmerksam die gewählten Worte – und schwieg genießerisch. Schließlich war er bereits ein Jahrfünft nach dem Furor seines Frühwerks zum Repräsentanten Belgiens auf der Biennale di Venezia avanciert. Das übt freundliche Gelassenheit.