Marl. .

Rathaussaal, Freitag, 22 Uhr, Grimme-Party: Die Preise sind vergeben, der Sekt und die Häppchen von Zanderfilet auf Creme-Fraiche-Stielmus und Purple-Curry-Schmelze (kreiert und serviert von Fernsehkoch Björn Freitag) warten, die Preisträger, Stars und Sternchen treffen sich zur obligatorischen bunten Party-Runde im Rathaus.

Die Stadtväter und –mütter sind stolz auf die großen Räume, die zwar den Charme einer Schulaula verströmen, aber für einen Abend im Jahr zur Walhalla des öffentlich-rechtlichen Fernsehens werden. Man liegt sich in den Armen, es wird gelacht, geklönt, gratuliert. Die Fotografen, die drei Stunden zuvor noch die Nominierten im Theater belagert haben, sind weg. Am Roten Teppich lauern noch einige Autogrammjäger. Wilfried Bardel aus Recklinghausen, zum Beispiel. Er hat sich schon Wange an Wange mit Rita Süssmuth fotografieren lassen. „Die finde ich toll.“

Marler erinnern an alte Zeiten, als die After-Show-Party im abgeschotteten VIP-Bereich des Grimme-Institutes stattfand. Jetzt ist es volksnaher. Man ist auf Tuchfühlung mit den Künstlern, wo sonst die Ratsvertreter diskutieren und aus Protest auch schon mal den Saal verlassen.

Am Freitag herrscht dort allerdings große Einigkeit: „Das war der beste Grimme-Preis seit 15 Jahren“, lautet der Tenor: viele Stars, längere Filmausschnitte, ein gut vorbereiteter Moderator Michael Steinbrecher und ein Programm, das mit den Überraschungsgästen Campino von den „Toten Hosen“ und der Band „Silly“ mit Sängerin Anna Loos Begeisterungsstürme auslöste.

Ein beseelter Bürgermeister Werner Arndt erfüllt sich einen großen Wunsch: Ein Gruppenfoto mit dem Schauspieler-Ehepaar Loos-Liefers. Jan Josef Liefers schwört, dass er bis zu dem Zeitpunkt, als seine Ehefrau auf die Bühne kam, „nichts wusste“, sie vielmehr auf einer Konzerttournee in Hamburg wähnte. Bjarne Mädel, der „Tatortreiniger“ und bereits zum zweiten Mal in Folge mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet, verrät, dass er sich „richtig gut fühlt“. Und Campino plaudert über seine neue CD und seine Hoffnung, dass Fortuna Düsseldorf es „doch noch schafft“. Schauspielerin Maria Schrader („Aimee und Jaguar“), ist nicht Preisträgerin, schwärmt aber ebenfalls: Eine Veranstaltung, die sich auf Inhalte konzentriert und auf „Gelacktheit“ verzichtet.

Martin Brindöpke, ausgezeichnet für das „Wetten dass …“-Spezial von „Switch Reloaded“, ist fasziniert von seiner Heimatstadt. „Marl ist ja keine Stadt, die das Herz umschmeichelt, aber das sie immer noch Geld, Kraft und Mut hat, diese Veranstaltung zu machen, ist eine große Ehre und Leistung, aber auch Werbung für die Stadt.“ Er will an den Bürgermeister appellieren, ihm zukünftig jedes Jahr eine Einladung zur Grimme-Preisverleihung zu schicken. Und seitdem er von Arndt weiß, wie unterhaltsam Ratssitzungen in Marl sein können, will er sich für die Comedy Anregungen vor Ort holen. Der Titel steht schon: „Switch Reloaded – Der Stadtrat“.