Recklinghausen. . Jugendliche von sechs Schulen gestalten die dritten Ruhrfestspiel-Ausstellung der Spielzeit: „1913 und heute“ ist eine bisher einmalige Zusammenarbeit der Recklinghäuser Bildungs-Welten.

Auch eine große Weltkarte der aktuellen Kriege, Aufstände und Konflikte gehört zum doppelten Dutzend dieser – noch – provisorischen Ausstellung, der dritten der kommenden Ruhrfestspiele: Nicht nur die Kunsthalle ist dabei mit Jan Fabre und das Deutsche Literaturarchiv im Rangfoyer mit „Finden: 1913“. Dabei sind auch jugendliche von sechs Recklinghäuser Schulen.

Bildungs-Welten fanden zusammen

„Da trafen Welten aufeinander“, sagt Markus Becker über die Kunst-Konfrontation zwischen 15- bis 18-Jährigen Gymnasiasten und den Gleichaltrigen aus der Internationalen Orientierungsklasse, die gerade erst angefangen haben, Deutsch zu lernen. Mit Judith Hupel von den Artemis-Werkstätten leitete der Graffiti-Künstler „Herr Orm“ alias Becker jene Kunst-Stunden, die Recklinghäuser Bildungs-Welten zusammenführten.

Das gemeinsame Thema greift „Aufbruch und Utopie“, das Motto der Ruhrfestspiele, auf und lautet: „1913 und heute“. Der 1913er Ausstellungsraum meint aber vor allem den Ersten Weltkrieg (1914 - ‘18), mit einer nach allen Regeln der Special-Effects-Kunst verunstalteten Schaufensterpuppe, mit Totenköpfen, Gasmasken, Blutflecken.

Bemalte Regalbretter sind die Basis vieler Objekt-Collagen. Dazu hatte Markus Becker einen eindrucksvollen Fundus an Fundsachen zur „Artemis“ mitgebracht: „Es ist leichter, wenn man nicht mit einem weißen Blatt anfangen muss.“ Dennoch wurden, sagt die Petrinerin Carty Abenhaus, „ganz viele Sachen verworfen“. Für das historische Wissen sorgten Workshops und eine Exkursion zum vorbildlichen Münsteraner Geschichtsort der Villa ten Hompel. „Aber wir wollten es nicht nur als Informationen abspeichern“, betont Magdalena Müller, ebenfalls vom Petrinum, „sondern in Bildern und Gefühlen“.

„Wir unterschätzen oft die jungen Leute“, meinte Frank Hoffmann, der sich als Intendant der Ruhrfestspiele ein erstes Bild von „seiner“ dritten Ausstellung der Spielzeit machte. „Kunst braucht den Widerstand – nicht den Krieg.“ Das Festspiel-Thema „Aufbruch und Utopie“ wolle ja auch zeigen, wie vor hundert Jahren „die Künste explodiert sind“.

Heute heißt das: „Jeder will auffallen, jeder will schön sein.“ So kommentierte Magdalena Müller eine Büste der Pop-Idole in grellen Farben. Das „Paradies“-Werk eines Jungen, der sich täglich aus dem Asylbewerber-Wohnheim aufmacht zur Internationalen Orientierungsklasse, erläuterte Judith Hupel. Das Idyll voller Blüten, Grün, Haus und Gartenzaun, sogar mit Gartenzwergen, komplettiert ein großer Schlüssel: Es ist der Wunsch, eine Tür – des eigenen Zimmers – hinter sich abschließen zu können.

Traum: der eigene Zimmer-Schlüssel

Wir haben eben nicht Nachrichten illustriert“, sagt Carty Abenhaus. „Daran sieht man, wie viele Gedanken wir uns gemacht haben.“ Frank Hoffmanns Schlussfrage – „Ist es neu, dass sechs Schulen zusammen arbeiten?“ – beantwortete ein emphatisches „Ja“ von Dagmar Aumüller, der Leiterin der landesweit einmaligen Internationalen Orientierungsklasse: „Das ist es.“