Vest. .

Der Papst wird zurücktreten. Diese Nachricht, gestern beinahe Punkt Mittag über die Nachrichtenticker gegangen, verblüfft die gesamte christliche Welt. Die Redaktion der WAZ im Vest hat sich bei Männern der katholischen Kirche und kirchennahen Organisationen in der Region umgehört. Die Meinung über die Ankündigung von Benedikt XVI. ist einhellig. Alle zollen dem 85-jährigen Papst großen Respekt, einige bescheinigen ihm sogar, mit dem Rücktritt Wegweisendes zu tun.


Georg Möllers
(Sozialdezernent in Recklinghausen, Mitglied im Stadtkomitee der Katholiken): „Ich habe es gerade über Radio Vatikan im Internet gehört. Einerseits kommt es überraschend, weil das ja erst einmal in der Kirchengeschichte geschehen ist. Andererseits gibt es ja Äußerung des Papstes vor zwei Jahren, in denen er diese Möglichkeit angesprochen hat. Ich habe ganz großen Respekt vor dieser Selbstständigkeit, den eigenen Gedanken dazu und der Art und Weise, wie er mit so einer Tradition umgeht. Ich fand das Zeugnis von Johannes Paul II, so wie er gelebt hat, sehr konsequent. Aber Benedikt II. hat ja an einigen Stellen auch andere Akzente gesetzt, Ich finde das konsequent.


Propst Jürgen
Quante (Kreisdechant für das Kreisdekanat Recklinghausen): „Der Mann ist stark, das war meiner erster Gedanke, als ich von dem angekündigten Rücktritt gehört habe. Das hat ihm keiner zugetraut, der alte Mann macht damit Kirchenpolitik. Er hat ja gerade erst ein kluges Buch geschrieben und ist geistig bestimmt im Vollbesitz seiner Kräfte; auf alle Fälle wird er nicht so krank sein, wie es Johannes Paul II. gewesen ist. Benedikt geht damit seinen eigenen Weg, das verdient großen Respekt.


Franz-Josef Overbeck
(in Marl geborener Ruhrbischof) „Die Nachricht vom Rücktritt hat uns alle mit allergrößter Überraschung erwischt. Es zeugt von der Größe seiner Persönlichkeit, sich ganz zurückzunehmen, wenn es um die Kirche und das Evangelium geht. Mit seinem Rücktritt setzt er eines der eindrücklichsten Zeichen seines Pontifikats: Alle kirchliche Macht ist endlich. Aus Gesprächen mit ihm, der mich zum Priester geweiht und 2009 zum Bischof von Essen berufen hat, weiß ich, dass der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche zu seiner Leidensgeschichte gehört – aber nicht nur zu seiner.“


Ludger Twachtmann
(Caritas-Vorstandsvorsitzender in Recklinghausen): Ich bin ganz betroffen. Persönlich habe ich überhaupt nicht damit gerechnet. Es ist ja auch ein ganz ungewöhnlicher Vorgang, dass der Pontifex zurücktritt. Wenn er das, so wie zu hören ist, aus gesundheitlichen Gründen tut, dann verdient das meinen größten Respekt, dass er nicht an seinem Amt klebt und einem Jüngeren Platz macht. Für uns hier an das Basis hat das aber natürlich erst einmal keine Auswirkungen. Unser erster Ansprechpartner ist der Bischof.


Thomas Hüwe
(Dechant von Marl): „Ich bewundere den Schritt und habe Respekt vor der Entscheidung. Sie ist ein Zeichen von Stärke.“ Es sei zum ersten Mal seit mehr als 700 Jahren, dass ein Papst aus Altersgründen zurücktritt und die Aufgabe einem Nachfolger überlässt. „Ich denke, dass dieses zugleich für viele Menschen mit einer Hoffnung verbunden ist.“ Papst Benedikt sei eher ein Kopfmensch als ein Gefühlsmensch. Der Papst sei zu Beginn sehr dynamisch gewesen, „in vielem wurde er aber ausgebremst“. Seine Amtszeit sei auch überschattet worden von dem Missbrauchsskandal und dem Leugnen des Holocaust durch den britischen Bischof Williamson. Dechant Hüwe ist überzeugt: „Das hat ihm zu schaffen gemacht.“


Willi Grave
(Geschäftsführer des Caritasverbandes Haltern am See) findet allergrößte Hochachtung vor der Entscheidung des Papstes, sein Amt zur Verfügung zu stellen: „Es gehört schon einiges dazu, zu erklären, man ist nicht mehr körperlich und geistig so gesund, um das Amt zu übernehmen. Hut ab.“ Grave hat noch das Ende der Amtszeit des Vorgängers von Papst Benedikt XVI. vor Augen. „Das war in meinen Augen wenig würdevoll.“