Recklinghausen .

„An Tagen mit Miesen, wünscht man sich Glückseligkeit“: Den — umgedichteten — Hit der Toten Hosen konnte das Publikum aus einer überschuldeten Stadt mühelos aus voller Brust mitschmettern. Kämmerer Christoph Tesche, als Geldmann verkleidet, und die weiteren potenziellen Kandidaten anderer Parteien in Lauerstellung, die Bürgermeister Wolfgang Pantförder gerne beerben möchten, boten den Hobby-Kabarettisten Stoff für Sketche, Spottlieder und Büttenreden.

„Recklinghausen sucht den Superstar“ (RSDS) war das zentrale Thema, nämlich die Frage, wer bei den Kommunalwahlen 2014 antreten möchte, um Pantförder („König Wolfgang“ genannt) zu beerben. Zum Schießen, denn einige der wohl tatsächlich möglichen Kandidaten saßen in der Jury, um einen anderen Mitwirken, der sie „spielte“, zu beurteilen: Christel Dymke (Die Grünen) als prall-rosa Cindy von Marzahn mit blondem Schafsgekräusel, Thomas Walder (Oster Entfroster, CDU) als Glöckler schön schrill und schräg, und FDP-Mann Mathias Richter arrogant wie Dieter Bohlen: „Wenn Du singst, kommen die Kartoffeln freiwillig geschält aus dem Keller.“

Närrische Ratssitzung feiert 50. Aufführung

Die Närrische Ratssitzung im Recklinghäuser Rathaus „tagte“ am Samstag zum 50. Mal.

Es gibt sie aber schon länger als 50 Jahre, denn bisher fiel sie drei Mal aus, beispielsweise wegen des Irak-Kriegs.

Die Sitzung ist einzigartig: Es gibt in NRW keine als jeckes Event getarnte Veranstaltung, die nahezu ausschließlich lokalpolitische Themen behandelt. Lokalpolitiker, auch erklärte politische Gegner, werden auf der Bühne vorübergehend zu Kollegen.

Hinreißend Gerd Ehrl, der den (als Schlaftablette verspotteten) SPD-Bewerber Frank Cerny verkörperte und eine Zeitlupen-„Performance“ brachte und Monika Moskau-Ruhnau als stimmgewaltige Christel Dymke.

Mathias Richter in seinem Solo als „blau-gelber Narr“ stellte nicht nur die „K“-Frage „WWW heißt: Was will Wolfgang? Die zweite Frage ist WMT: Was macht Tesche?“ Wohl den Prinz Charles, weil „König Wolfgang“ einfach nicht abdanken will. Richters dritte Frage war rein rhetorischer Natur: „COC: Cerny ohne Chance!“ Für ihn gab’s stehende Ovationen.

Immer besser füllt Andreas Becker (SPD) seinen Part aus, denn sein Witze-Reigen als „Düssel-Becker“ war kurz und knackig, erst recht seine Vorstellung mit Plastik-Saxophon als „Kandidat Tesche“ bei RSDS. Tobender Applaus.

Christel Dymke putzte in ihrer Paraderolle Elfi „Schloss Koalitionsstein“ und ließ Tesche und Pantförder als Handpuppen im Dialog tanzen. Im Publikum lachten die beiden Zielscheiben im Publikum Tränen. Auch andere ständig Gefoppte wie Dezernent Georg Möllers und Frank Cerny genossen ihren Status sichtlich.

Ganz groß zum Schluss wieder die Ossis aus Hillen, die von der bösen Plantagen-Plage („Bäume sollten selbständig Dachrinnen reinigen“) und über Mathias Richters wohl aussichtlose Chancen („Ich möcht’ so gerne nach Berlin“) bei der Bundestagswahl sangen.