Herten. .
Morgens um sechs an der Paschenbergstraße in Herten. Frauen und Männer in gelben Warnjacken und mit roten Gewerkschaftsmützen stehen vor dem Werkstor von Coca Cola. Der Blick ein paar Minuten durch die Panoramascheiben in den Abfüllbetrieb verrät. Nichts geht mehr, die Maschinen stehen still.
Ein Warnstreik hat den größten Betrieb der Coca Cola Erfrischungsgetränke AG im nordwestdeutschen Raum am frühen Montagmorgen lahm gelegt. Zwischen 100 und 120 Beschäftige der Nachtschicht und der Frühschicht waren dem Aufruf der Gewerkschaft gefolgt und legten die Arbeit nieder, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. So wie in Dorsten und in Rheinberg auch.
Etwa vier Stunden standen die Bänder am Paschenberg still. Ungefähr 100 000 Flaschen wurden in dieser Zeit nicht abgefüllt, schätzt der Betriebsrat, dazu etwa 1000 Großbehälter zu je 18 Liter für die Gastronomie. Ein Warnschuss vor den Bug des Unternehmens.
Verhandelt und entschieden wird in Berlin. Morgen kommen im Steigenberger Hotel Vertreter von Gewerkschaften und der CCE AG zur dritten Tarifrunde zusammen. Es ist der erste Streik bei Coca-Cola in Herten seit 2006, als erstmals ein Haustarifvertrag für die insgesamt 11 000 Mitarbeiter der AG verhandelt wurde. Damals wurden zur Sicherung von Arbeitsplätzen mehr Flexibilität beim Einsatz von Beschäftigten möglich gemacht. Das will die Geschäftsführung ausdehnen und, so Yvonne Sachtje, „dabei auch den Betriebsrat vollkommen rauslassen“. Flexibler soll es aus Sicht der Gewerkschaft aber nicht werden. Dass Handwerker, aber auch andere Beschäftigte, alle sieben Tage sozusagen rund um die Uhr abrufbar sind, das müsse nicht sein.
Basis für Verhandlungen
„Die Stimmung ist hoch“, sagt Wilfried Kirchner, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender in Herten und als Mitglied der Tarifkommission am Mittwoch in Berlin dabei. „Es muss etwas passieren“, sagt er. Dabei sind die Positionen noch weit auseinander.
„Wir haben ein gutes Angebot vorgelegt, das die Basis für Verhandlungen sein kann“, sagt Steffen Türk aus der Coca-Cola-Zentrale in Berlin. Lohnerhöhungen von erst 2,5 und nächstes Jahr 2 Prozent, 100 Euro mehr pro Monat für die Azubis und eine Übernahmegarantie von zwölf Monaten und einiges mehr. Mehr Arbeitszeitflexibilität müsse sein, um auf die etwa witterungsbedingten Schwankungen am Markt besser reagieren zu können. Sie erlaube, das Geschäft dann „nahezu vollständig mit eigenen Mitarbeitern zu erbringen“, so Unternehmens-Sprecher Türk.
Für die Gewerkschaft ist vor allem der Lohnabschluss wichtig. „Wir wollen sechs Prozent mehr“, sagt Kirchner. Nach zwei Nullrunden und Zugeständnisse der Mitarbeiter zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze sei eine spürbare Lohnverbesserung jetzt fällig.
Seit 60 Jahren am Ort
Vorläufer des Coca-Cola-Standorts Herten war die 1950 von Alexander Boente und Karl Schweisfurth gegründete Westfälischen Getränkeindustrie GmbH. Sie begann 1951 mit der Produktion von Coca Cola in der 0,2 Liter Glasflasche im Kräuterhof. 1961 entstand der Betrieb an der Paschenbergstraße.
1998 wurde die Firma in die Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG (CCE AG) integriert, 1999 folgte der Unternehmenszusammenschluss mit der CCE AG.
Herten ist Produktions- und Vertriebsstandort. Hergestellt werden 0,2- und 0,33-Liter-Glas-Mehrwegflaschen sowie PET-Mehrwegflasche. Abgefüllt werden zudem Behälter für die Gastronomie. Vertrieben wird Coca Cola in weite Teil des Ruhrgebiets. Auf einer Betriebsfläche von etwa 49 330 Quadratmetern arbeiten 490 Beschäftigte. Ausgebildet wird in Herten in acht Berufen: von der Industriekauffrau/-mann bis zur Fachkraft für Lagerlogistik. Auch ein duales Studium wird angeboten.