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Positive Effekte haben sie sich in Haltern versprochen, als sie über einen Namenszusatz nachdachten. Als Haltern am See, so heißt die Stadt seit 2001 offiziell, will sie in Sachen Tourismus und Lebensqualität punkten. Wie viel es gebracht hat, ist schwer messbar. Und zu befürchten steht, dass vom möglichen Imagegewinn etwas abbröckelt.
Die Forensik-Debatte könnte dazu beigetragen. Noch mehr aber könnte schaden, den beinahe höchsten Sprung bei der Anhebung der Grundsteuer B aller 61 Kommunen genommen zu haben, die in NRW am Stärkungspakt Stadtfinanzen teilnehmen müssen oder dürfen. Um 375 Prozentpunkte, von 450 auf 825 und damit um 83,3 Prozent, geht es rauf mit der Belastung für die Eigentümer von Immobilien und – umgelegt – auch für Mieter. Wohnen, schon jetzt nicht billig in der Stadt, wird ziemlich teuer.
Zweithöchster Anstieg
Nur in einer einzigen anderen Stadt wurde noch stärker an der Grundsteuer-Schraube gedreht, wie eine Erhebung des Bundes der Steuerzahler zeigt: Werl legt um 379 Prozentpunkte zu, bleibt aber mit 800 noch knapp hinter dem neuen NRW-Spitzenwert zurück, für den Selm vor einigen Monaten den Weg ebnete. Und schon, so heißt es beim Bund der Steuerzahler, seien selbst Hebesätze jenseits der 1000 Prozentpunkte im Bereich des Möglichen – zur Finanzierung der Entschuldung kommunaler Kassen. Binnen weniger Jahre müssen die 61 Kommunen ihre Haushalte wieder ausgeglichen gestalten können.
„Und dazu reicht es nicht, zu sparen. Wir müssen auch etwa auf der Einnahmeseite machen“, sagten die Kämmerer nicht nur im hiesigen Kreis in den vergangenen Monaten bei der Ausarbeitung von Sanierungsplänen. Es müsse mehr Geld ins System. Die Grundsteuer B ist dafür ein probates Mittel.
Aber gleich um 200 oder noch mehr Prozentpunkte? Andere, nicht weniger gebeutelte Städte, lassen die Finger weg von einer höheren Immobilien- und Grundstück-Besteuerung. Leverkusen etwa, auch Oberhausen, Essen oder Hamm. Essen etwa spart am Personal, 700 der 9000 öffentlichen Stellen sollen wegfallen. Oberhausen, das schon im Vorjahr reagierte (+60) und mit seinem Stufenmodell, ähnlich dem in Recklinghausen, 2015 noch einmal nachlegt (+50), lotete viele andere Möglichkeiten aus. Bis ins kleinste Detail. So will die Stadt 1500 Euro sogar jährlich dadurch einsparen, dass es eingegangene Bewerbungsmappen nicht mehr zurückschickt. Es kommt offenbar auch aufs „Kleinvieh“ an.
Es sind aber nicht nur Haltern am See und Werl allein, die in Sachen Grundsteuer B mächtig zulangen. Die Anhebung fiel auch in Werdohl (+207) oder Welver (+190) üppig aus. Auch Gladbeck und Dorsten hätten kräftiger zugelangt, ein Plus von 220 bzw. 225 Prozentpunkten war geplant. Nach der Neuberechnung der Zuteilung aus dem Stärkungspakttopf (die WAZ berichtete), die beiden deutlich mehr Landesmittel bringt, milderten sie den Anstieg aber auf 160 bzw. 180 Prozentpunkte ab. Immerhin.
„Wir mussten uns an die Vorgaben halten“
3 Fragen an Halterns Bürgermeister Bodo Klimpel:
Haltern hat die Grundsteuer B um 375 auf 825 Prozentpunkte angehoben. Gab es keine Alternative zu diesem Anstieg um 83,3 Prozent?
Klimpel: Sie können mir glauben, dass sich mir als ehemaligem Kämmerer die Fußnägel gekräuselt haben und ich diesen Vorschlag dem Rat nur zähneknirschend unterbreitet habe. Aber wir müssen uns an die Vorgaben des Stärkungspaktgesetzes halten. Darin heißt es, wir haben erst einmal unsere Ausgaben zu konsolidieren. Dazu haben wir viele Vorschläge gemacht. Wir werden zum Beispiel unser Personal um 20 Prozent reduzieren, das sind etwa 80 Stellen. Und wir werden Leistungen einschränken, beispielsweise bei der Jugendeinrichtung Trigon, bei der Bücherei, und wir werden das Jeki-Projekt unserer Musikschule nicht fortsetzen können. Wir mussten auch unsere Gebühren und Entgelte zum Beispiel für die Laubtonne im gesetzlichen Rahmen erhöhen. Anschließend blieben nur noch Steuererhöhungen übrig. Und die müssen so ausfallen, dass wir den notwendigen Beitrag zur Konsolidierung leisten. Schuld an dieser Höhe hat der Stärkungspakt. Das sind nun mal die Voraussetzungen des Stärkungspaktes.
Wie hoch sind künftig die Einnahmen aus der Grundsteuer B?
Wir werden 2013 damit etwa zehn Millionen Euro einnehmen.
Ist es denkbar, dass die Grundsteuer B später wieder gesenkt wird?
Das will ich nicht ausschließen, ich bin Berufsoptimist. Aber wir sind die Generation, die die Wende bei der Verschuldung unserer Haushalte einleiten muss.