Recklinghausen. .
Eigentlich wollte Alina Tschersich am Donnerstagnachmittag nur mal eben an den Geldautomaten, um etwas von ihrem Konto abzuheben. Heraus kam sie aus dem SB-Center der Sparkasse Vest an der Schaumburgstraße aber mit 500 Euro, die ihr gar nicht gehörten. Jemand vor ihr hatte dort das Geld von seinem Konto abgehoben, es aber nicht aus dem Schacht des Automaten genommen, sondern offenbar in Gedanken die Ausgabestelle ohne die Scheine verlassen.
„Ich habe erst gar nicht geschaltet“, sagt Alina Tschersich. Einen Moment lang habe sie gestutzt, sah die Anzeige im Display, die besagte, dass das Geld wieder eingezogen werden würde. Aber es tat sich nichts. „Also habe ich es heraus genommen, bevor das jemand anders tut und es einsteckt“, sagt die 19-Jährige. Sie ging schnurstracks auf die Straße, zeigte die Scheine ihrer Freundin Lisa Brosch. Und beide überreichten sie dann sofort einer Fußstreife der Polizei, die in unmittelbarer Nähe war.
„Geld zu behalten, das mir nicht gehört, wäre für mich nicht in Frage gekommen. Das hätte ich nicht mit mir vereinbaren können“, sagt die junge Frau. „Mir ist letztes Jahr das Portmonee gestohlen worden. Ich war ziemlich böse darüber, dass ich nicht einmal die Ausweise zurück bekommen habe.“
Dabei sind 500 Euro beinahe ein Monatsnettolohn für die Pflegehelferin, die Anfang April eine Ausbildung zur Altenpflegerin beginnt und die zuvor nach ihrer Fachoberschulreife ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Behindertenwerkstatt absolviert hatte. Trotzdem zögerte sie keinen Augenblick und händigte das Geld der Polizei aus. „Der Beamte hat mich mehrfach gelobt, dass ich so reagiert habe.“
Und auch die Sparkasse war hocherfreut über das Verhalten der jungen Frau. „Das ist nicht selbstverständlich“, sagt Dirk von Buer vom Vorstandsstab des Geldinstituts. „Es hat aber vor einigen Tagen sogar einen ähnlichen Fall gegeben. Da hat ein Kassierer in der Zweigstelle König-Ludwig zu viel Geld ausgezahlt und der Kunde hat dies zurückgebracht, nachdem er es bemerkt hatte.“
Auch der Besitzer der 500 Euro musste sich nicht lange grämen. Er hatte seine Schusseligkeit festgestellt, als er eine Pizza bezahlen wollte, die er sich in der Mittagspause bestellt hatte. Nur wenig später kam der Anruf der Sparkasse, die den Fall über PC und Videoaufzeichnung rekonstruieren konnte. „Keine Stunde nachdem wir das Geld abgegeben hatten, rief der Mann bei mir an. Er war sehr froh, hat uns gedankt und jedem von uns 50 Euro gegeben“, so Alina Tschersich. Was sie mit dem Finderlohn anfängt, weiß sie noch nicht. Es scheint Wichtigeres zu geben.