Essen. / Marl. / Herten. .

Ein ungleiches Duo auf der Anklagebank vor dem Landgericht Essen. Einmal der kräftige Hertener Erdal S. (47), der mit rund 350 Kilogramm Drogen gehandelt haben soll. Daneben der auf einen Stock gestützte und schwer kranke Ingo D. (53) aus Marl, der seine Wohnung als Drogendepot zur Verfügung stellte. Was sie außerdem eint, ist der Mann, der sie bei der Polizei belastete.

Es ist der Essener Erich L. (70), der sich durch seinen KronzeugenRabatt vor einem Jahr ein Urteil zu sehr milden vier Jahren Haft verdiente. Seitdem singt er vor den Gerichten, belastet seine früheren Kunden, die er mit Drogen belieferte. Immer wieder besticht er mit einem Wissen über Drogenlieferungen, dessen Exaktheit einen Buchhalter schmücken würde.

Im Daimler über die Grenze

Vier Jahre lang hatte Erich L., ein seriös wirkender Herr, die Szene mit Rauschgift beliefert. Fast täglich fuhr er von Essen aus nach Holland, um Marihuana und Amphetamine abzuholen. Die Mengen füllten den Kofferraum, erzählt er am Mittwoch im Verfahren gegen die beiden Angeklagten: „Unter fünf Kilogramm bin ich gar nicht gefahren. Das rechnet sich sonst nicht.“ Zum Schluss fuhr er im Daimler über die Grenze. Erst ein Tipp brachte die Polizei auf seine Spur, bei der er sich schnell zum Geständnis entschloss, um nicht für über zehn Jahre ins Gefängnis gehen zu müssen.

Darunter zu leiden haben die jetzt Angeklagten. Erich L. erzählt, wie er rund fünf Kilogramm Marihuana einmal in der Woche zu einer Teestube nach Marl brachte. Erdal S. nahm den Stoff in Empfang. Manchmal lieferte er aber auch an Ingo D.. In dessen Wohnung stand ein Popcorneimer, in dem die Drogen zwischengelagert wurden. Der seit Jahren süchtige Marler, der inzwischen sein Kurzzeitgedächtnis verloren hat, durfte sich als Gegenleistung daraus bedienen. Er gesteht am Mittwoch schnell, bekommt ein Urteil wegen Beihilfe: ein Jahr Haft mit Bewährung.

Kronzeuge zum Teil bestätigt

Erdal S., den eine Strafe in der Nähe von zehn Jahren erwarten dürfte, räumt die Vorwürfe nur zum Teil ein. Richter Martin Hahnemann fragt ihn, was er von der Aussage des Kronzeugen Erich L. hält. „Zu 90 Prozent stimmt es“, antwortet der Angeklagte. Er meint, nicht ganz so viele Drogen erhalten zu haben.