Recklinghausen. .
Es war nah dran an einer Katastrophe. Nur 75 Meter vom Wohnhaus und kaum weiter weg vom Reiterhof Beckmann entfernt stürzte am Freitagnachmittag an der Stadtgrenze Recklinghausen/Marl ein Ultraleichtflugzeug ab. Der 63-jährige Pilot und eine 23-jährige Frau wurden schwer verletzt aus den Trümmern der zerstörten Maschine geborgen und ins Krankenhaus gebracht.
„Sofort nach dem Aufprall hörte ich die Frau um Hilfe rufen“, erinnert sich Theo Beckmann. Der 59-Jährige hatte gerade eine Schubkarre mit Heu über seinen Hof geschoben. „Ich hörte plötzlich eine Maschine, die viel zu tief zu fliegen schien. Dann gab es auch schon diesen Knall.“ Für Dieter Lang (69), Caddy-Master im angrenzenden Golfclub, hörte es sich so an, „als ob eine Lkw-Ladung mit Blech ausgeschüttet worden wäre.“
Die Maschine war etwa einen Kilometer vom Flugplatz Marl-Loemühle auf Recklinghäuser Gebiet zu Boden gestürzt – genau in eine sumpfige Senke, die unter Naturschutz steht und in der nun das Benzin der abgestürzten Maschine versickert ist. Über seinen Grund und Boden, den er an den Golfverein verpachtet hat, machte sich Theo Beckmann allerdings keine Sorgen. „Hauptsache, die beiden überleben.“ Ihm selbst schlotterten die Knie, nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte. „Ich habe so gezittert“, sagt er und zeigte auf seine hin- und herwackelnden Beine. „In den Ställen stehen 50 Pferde, etwa 20 Leute haben sich während des Absturzes in den Häusern und Ställen aufgehalten.“ Nicht auszudenken, wenn die Maschine 100 Meter weiter östlich zu Boden gegangen wäre.
Was zum Absturz geführt haben könnte, war am Freitag noch unklar. „Vielleicht hat der Pilot die Orientierung verloren“, sagt Dieter Lang. Die Wetterverhältnisse hätten sich in den 15 Minuten vor dem Absturz stark verändert, es sei zunehmend diesig geworden. Vermutlich ist die Maschine erst über einen Teil des Golfplatzes geflogen, hat eine Schleife gezogen und ist dann nach Norden fliegend in einer Baumgruppe abgestürzt.
Feuerwehr, Polizei und später den Kräften der Luftaufsicht bot sich ein Bild des Schreckens. Weit verstreut lagen Teile der Maschine umher, ein größeres Stück hing im Baum. Von einem Hubschrauber aus machten sich Untersuchungsbeamten ein Bild von der Lage und schossen Fotos, um den Unfallhergang rekonstruieren zu können. Die Feuerwehr war mit etwa 30 Personen vor Ort und half bei der Bergung. „Gegen das Benzin konnten wir allerdings nichts mehr ausrichten“, sagt Feuerwehr-Chef Thorsten Schild.
Zwei Unglücke in 14 Jahren
Gegen 13.45 Uhr ging die Meldung vom Absturz bei der Polizei ein. Die Leitstelle in Recklinghausen dirigiert eigene Kräfte zur sofort gesperrten Bockholter Straße. Zur Absicherung der Unfallstelle wurden Kräfte der Einsatzhundertschaft Gelsenkirchen angefordert. Die erste Streifenwagenbesatzung wagte sich so weit mit ihre Fahrzeug an die Unfallstelle heran, dass Golfplatz-Nachbar Theo Beckmann sie später mit seinem Trecker aus dem Morast ziehen musste.
„Gedacht habe ich mir erst einmal gar nichts, als ich die ersten Motorgeräusche hörte“, erinnert sich Caddy-Master Dieter Lang an die Sekunden vor dem Absturz. Da in der Nähe der Flugplatz ist, gebe es ständig Fluggeräusche.
Zwei große Unglücke hatte es in den vergangenen Jahren am Flugplatz gegeben. Der frühere Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann stürzte 2003 bei einem Fallschirmsprung unter ungeklärten Umstände zu Tode. 1998 stießen bei klarer Sicht zwei Sportflugzeuge vom Typ Cessna zusammen. Eine Maschine stürzte ab, beide Insassen kamen dabei ums Leben.