Marl.

. Friedlich sitzen sie zusammen, es gibt Brötchen und Kaffee: Bankräuber und Geiseln sammeln Kräfte für einen Überfall auf die Sparkassen-Filiale am Lipper Weg. Um 9 Uhr geht es unter den Augen von Dutzenden von Fachleuten los. Ein Bankraub wird geprobt, genauer gesagt: wie die Polizei mit einem solchen Fall fertig wird.

Alles geht möglichst realistisch zu: Der Räuber schreit, zerrt eine Geisel vor die Tür, Schüsse knallen. Filmreif war der Überfall trotzdem nicht, es fehlte die komprimierte Dramatik.

Darum ging es auch nicht. „Die in der Theorie bekannten Abläufe bei einem Raubüberfall mit Geiselnahme müssen auch mal unter realistischen Abläufen geprobt werden“, erläutert der Pressesprecher der Polizei, Michael Franz.

Er steht auf der anderen Straßenseite. Dort, wo die Einsatzleitung das magere Geschehen im Blick hat. Ein Streifenwagen aus Marl war unter dem Vorwand auf den Lipper Weg gelockt worden, dort gebe es einen kleinen Unfall. Vor Ort aber werden die beiden Beamten mit einer neuen Aufgabe konfrontiert, der Geiselnahme in einer (aufgegebenen) Filiale der Sparkasse Vest. Als ein „Räuber“ sie anschreit und schießt, rufen die Beamten Verstärkung.

Auf dem Lipper Weg bleibt die Situation verträumt, die Anlieger sind informiert, eine junge Fußgängerin bekommt einen Schreck, der so nachhaltig wirkt, dass sie sogar die jugendtypischen Reaktionen vergisst: Kein Foto mit dem Handy, keine Twitter-Nachricht. Das kennt die Polizei anders: Selbst kleine Ereignisse sind oft schneller im Internet als auf dem Telefonweg in der Zentrale gelandet.

Dramatisches Finale

Am Donnerstag Morgen in Marl geht es unspektakulär zu. Bei einer Geiselnahme ist das Polizeipräsidium Münster gefordert, das die Einsatzleitung übernimmt. Am Telefon wird der „Gangster“ beruhigt, die Freilassung der Geiseln wird verhandelt.

Und wo bleiben Sirenengeheul, Blaulicht und Ketten von Polizeifahrzeugen? Das ist zu gefährlich, erklärt die Übungsleitung. Die Täter sollen nicht in Panik geraten, Kurzschlusshandlungen müssen vermieden werden. Nur vorsichtig gucken ein paar Beamte um Häuserecken und hinter dem Bunker hervor – bis der „Täter“ schreiend und schießend rauskommt.

Dann das dramatische Finale: Der Täter geht mit einer Geisel auf die Straße, sie kann sich losreißen und ihm die Pistole aus der Hand schlagen, dann greift die Polizei zu.

Erleichterung ringsum: Alles ist so gelaufen, wie man sich das vorgestellt hat, lautet das erste Resümee der Übungsleitung. Und richtiges Geld war ja nie im Spiel.