Essen. / Marl. .

Nachher umarmten sich die 25 Jahre alten Zwillingsbrüder aus Marl. Und das, obwohl der eine den anderen wegen Raubes vor Gericht gebracht hatte. Aber der Freispruch der XVII. Essener Strafkammer erstickte jeden Ärger.

Auf der Strecke blieb am Dienstag das eigentliche Opfer, dem zwei unbekannte Räuber am 24. Juni 2011 zahlreiche Elektronikgegenstände aus der Wohnung in Marl geraubt hatten. Der arbeitslose 24-Jährige, der mittlerweile nach Herne umgezogen ist, weiß weiterhin nicht, wer ihn überfiel. Noch heute leidet er unter der Tat: „Es wäre besser, wenn ich es vergessen hätte. Ich versuche, es zu verdrängen.“

Eigentlich hatte er an jenem Tag seinen Nachbarn, den Zwillingsbruder des Angeklagten zum Kaffee in seiner Wohnung erwartet, als es klingelte. Er öffnete und vor ihm standen zwei mit Sturmhauben maskierte Männer. Einer drückte ihm ein Messer an den Hals, der andere durchsuchte die Wohnung. Als es erneut klingelte und der Zwillingsbruder vor der Tür stand, soll der Angeklagte ihm die Tür geöffnet und ihn zusammengeschlagen haben.

Fünf Monate nach der Tat ging der überfallene Bruder zur Polizei. Er hätte gleich gedacht, dass es sich bei dem Räuber um seinen Bruder handele und der ausländische Akzent nur nachgeahmt wurde. Auch eine frühere Freundin des Angeklagten, die von diesem ein Kind hat, aber ihn im Streit verließ, belastete ihn. Der Angeklagte hätte ihr den Raub sogar einmal gestanden. Er hätte damals Geld gebraucht, weil er einen Tag später Geburtstag feiern wollte. So die Angaben der beiden bei der Polizei.

In späteren Vernehmungen kam es zu Widersprüchen oder zur Aussageverweigerung. Vor dem Essener Landgericht zog der Zwillingsbruder am Dienstag als Zeuge einen vermeintlichen Schlussstrich und zog seine belastende Aussage zurück: „Nach einem Familienstreit war ich sauer und wollte ihm einen reinwürgen.“ Nach der Anzeigenerstattung habe er aber „Rotz und Wasser“ geholt, da hätte es ihm schon leid getan. Nach diesem Rückzug ging der Kurs klar Richtung Freispruch. Den Zwillingsbruder erwartet jetzt aber ein Strafverfahren wegen falscher Verdächtigung