Recklinghausen. .

Er ist noch jung. Jüngstes Mitglied im Präsidium der CDU. Jung für einen durchaus gewichtigen Posten wie den des außenpolitischen Sprechers seiner CDU-/CSU-Bundestagsfraktion. Aber mit 33 Jahren hat Philipp Mißfelder eine der Kernkompetenzen politischer Arbeit längst verinnerlicht. Er ist Netzwerker. Nicht zuletzt ihm hat Recklinghausen die zweite Bundesdelegiertenkonferenz der Senioren-Union in Folge zu verdanken und damit auch einen neuerlichen Besuch von Angela Merkel.

Die Kanzlerin kommt, erwähnt den Bundestagsabgeordneten und christdemokratischen Hoffnungsträger aus Recklinghausen dreimal in ihrer Rede vor den 260 Delegierten. Sie betont, wie wichtig der Vorsitzende der Jungen Union mit dem guten Draht zur Senioren-CDU für den Zusammenhalt der Generationen in der Volkspartei ist. Er ist es, der die Kanzlerin bei ihrer Ankunft vor dem Festspielhaus in Recklinghausen empfängt. Und er hat, ganz im Zeichen erfolgreicher Netzwerkarbeit, buchstäblich große Hilfe mitgebracht: Ralf Möller, bekennender CDU-Unterstützer und Freund Mißfelders, kommt für eine halbe Stunde Kanzlerin-Gucken vorbei. „Ich saß gerade bei meiner Mutter beim Kohlrouladenessen, da hat mich der Philipp angerufen . . .“ Später muss er nach Köln, einen Pilotfilm promoten. Aber so viel Zeit muss sein.

Ein Foto mit den Lokalmatadoren. Und dann schreitet Angela Merkel zielstrebig nach oben in den Kassiopeia-Saal. Dort, wo sie schon einige bemerkenswerte und erfolgreiche Auftritte hatte, besticht sie auch diesmal wieder. Heimspiel für die Kanzlerin. Unter großem Applaus schreitet sie durch den Mittelgang, hält eine 45-minütige Rede durchaus mit Hand und Fuß, aber nahezu ohne Punkte und Komma. Und weiß sich am Ende unter den stehenden Ovationen jener Unterstützung sicher, die ihr Vorsitzender Otto Wulff zuvor angekündigt hatte: „Die Senioren-Union steht hinter ihnen.“

Europa, Rente, Schuldenkrise. „Sie hat alles angesprochen, was uns Senioren wichtig ist“, sagt Rolf Tanski, Delegierter aus Recklinghausen. Souverän und einfühlsam habe sie geredet. Der Appell, dass weder Redefreiheit noch Frieden oder soziale Marktwirtschaft selbstverständlich sind, gefiel den Delegierten ebenso wie das Bekenntnis Merkels: „Wer Schulden macht, der ist abhängig. Wir wollen unabhängig sein.“

Am Ringen um den besten Weg in Europa führe kein Weg vorbei. Ein einiges Europa sei Garant für den Frieden und ermögliche es vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in der Welt, „dass wir uns mit der Vorstellung, wie wir leben wollen, auch behaupten können.“ 80 Millionen Deutsche könnten unter sieben Milliarden Menschen nur wenig bewegen. 500 Millionen Europäer, „wenn sie einig sind“, schon. Immer nur auf die anderen zu zeigen, auf Griechen oder Spanier, helfe nur wenig. Bei einer Verschuldung, die 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmache, habe auch Deutschland seine Hausaufgaben zu machen.

Auch dafür erhielt die Kanzlerin Applaus. Wie zum Schluss, als sie zeigte, dass sie die Meisterin des Netzwerks ist. Bevor die Senioren ihren Vorstand wählten, verabschiedete sie sich mit dem Hinweis: „Ich will nicht parteiisch sein. Aber Otto Wulff ist schon ein Guter.“