Herne / Waltrop. .

Die am 1. Dezember 2011 trotz tariflicher Absicherung nur zu einem Viertel (25 %) ausgezahlte Jahresleistung von 55 Prozent eines Monatsentgelts für die Belegschaft des Waltroper Fahrzeugbauers Langendorf GmbH ist nach dem am Mittwoch gesprochenen Musterurteil der 5. Kammer des Arbeitsgerichts Herne komplett fällig.

Mit diesem keineswegs überraschenden Urteil zog das Herner Gericht jetzt erstinstanzlich einen Schlussstrich im Streit um einen weiteren Verzichtsbeitrag der Belegschaft zur Sanierung eines Unternehmens, dessen Beschäftigte seit 2005 in wechselnden Varianten immer wieder aktiv durch Verzicht zur Rettung ihres Arbeitgebers beigetragen hatten, dazu jetzt aber keine große Neigung mehr verspürten.

Haustarifvertrag vereinbart

In der Vergangenheit hatten die Arbeitnehmer beispielsweise monatlich auf die Bezahlung von bis zu zwölf Arbeitsstunden verzichtet. Außerdem hatten Gewerkschaft und Betriebsrat mit dem Unternehmen einen Haustarifvertrag vereinbart und damit den Geltungsbereich des Tarifvertrags mit der IG Metall verlassen und sich beispielsweise auch niedrigere Tarife unter dem Handwerksniveau eingehandelt.

Klage entscheidungsreif

Diesmal hatte das von Assessor Beckschulze (Arbeitgeberverband) und Firmenprokurist Pastucha vertretene Unternehmen der Belegschaft angeboten, zunächst 25 Prozent und später noch einmal 25 Prozent zu zahlen. Auf die andere Hälfte sollten die Arbeitnehmer verzichten. Im Fall von Betriebsrat und Musterkläger Krause, der nur 312 Euro bekommen hatte, wären das 624 Euro weniger in der Lohntüte gewesen. Und weil der von DGB-Justiziarin Sullivan vertretene Betriebsrat als Erster dagegen geklagt hatte, war seine Klage jetzt auch entscheidungsreif, während die übrigen 77 noch die Güteterminlisten füllen.

Nach Scheitern der Gespräche zwischen Gewerkschaft und Betriebsrat auf der einen und der Geschäftsleitung auf der anderen Seite im Juni erweiterte die Firma unter dem Druck der heraufziehenden Gerichtstermine ihr Zweitzahlungsangebot noch auf 35 Prozent, so dass bei der Belegschaft ein Verzicht von 40 Prozent hängengeblieben wäre. Das alles aber unter dem Druck der Sparkasse Vest, mit denen man über eine neue Kreditvergabe verhandele, so der Prokurist (die WAZ berichtete).

Bedingung für Kreditvergabe

Im Kammertermin wurde der Prokurist jetzt noch deutlicher: „Es ist keine Frage des Wollens sondern eine Frage des Könnens und vor allem des Dürfens,“ weil die Sparkasse auch eine Sanierungsbeitrag der Belegschaft zur Bedingung für eine Kreditvergabe gemacht habe, über die am 4. September entschieden werden soll. „Wenn wir dürften,“ so Pastucha weiter, „hätten wir es uns irgendwo weggequetscht.“ Ob die nun fällige Gesamtsumme irgendwo zwischen 70.000 und 80.000 Euro nun die Existenz der kompletten Firma bedroht, weiß niemand. Richter Nierhoff: „Spätere Risiken maße ich mir nicht an einzuschätzen. Klar ist nur, der Anspruch besteht.“ (AZ 5 Ca 1355/12)