Recklinghausen. .

Die Gerüchteküche brodelt. Kaum ist die Aldi-Filiale „Am Reitwinkel“ – eine der ältesten in der Stadt – geschlossen, befürchten die Südstädter den Einzug der nächsten Spielhalle. Es wäre die zweite an dieser Stelle. Denn seit dem Auszug eines China-Restaurants wird in der ersten Etage bereits gedaddelt.

Und jetzt soll es noch eine weitere Zockerbude geben? Dabei laufen bereits Bauvoranfragen für den Standort Alte Post an der Theodor-Körner-Straße und für ein Haus an der Bochumer Straße. Neben der Innenstadt ist Süd ohnehin schon der Bereich, der die meisten der insgesamt 35 Spielhallen an 22 Standorten in Recklinghausen beheimatet. Viele Süder sagen deshalb: Genug ist genug.

Genug ist genug

Verwaltung und Politik sehen das ähnlich. Und Stadt-Sprecherin Corinna Weiß schließt bereits aus, dass es „Am Reitwinkel“ eine weitere Zockerbude geben wird, zumal dafür nicht einmal eine Anfrage vorliege. Nachdem im Vorjahr Anfragen für das Post-Gebäude und die Bochumer Straße zunächst einmal für den Zeitraum von zwölf Monaten zurückgestellt wurden, um Zeit zu sparen, soll nun sogar eine Veränderungssperre für das Süder Kerngebiet verhängt werden.

Mit dieser Sicherungsmaßnahme, die die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses nächste Woche im Rahmen einer Änderung des Bebauungsplans Nr. 186 beschließen sollen, könnten Überlegungen für den Bau eines Stadtteilzentrums Süd und damit die womöglich nötige Konzentration von Einzelhandelsangeboten zwischen Rhein- und Marienstraße ohne Zeitdruck zu Ende gedacht werden.

Immobilien heruntergewirtschaftet

Denn: Längst sind in Süd sogenannten „Trading Down“-Prozesse auszumachen, wie es in einer Ausschussvorlage heißt. Gemeint ist Verdrängung des traditionellen Einzelhandels auch durch Spielhallen und der damit verbundene Qualitätsverlust von Straßen und Zonen, die zunehmend herunter gewirtschaftet würden. Die Formel: geringe Investitionen, viel Ertrag. Auf der lang gezogenen Bochumer Straße, die an ihren Enden mangels Belebung geradezu ausfranst, ist dieser Qualitätsverlust zum Leidwesen der Süder längst zu sehen.

Nun soll er möglichst umgekehrt werden. Mit den Überlegungen zur Konzentration des Einzelhandels – in den vergangenen Tagen machten bereits Gedanken über sogenannte „Mini-Arcaden“ auf der Fläche des früheren Kaufhauses Becker und der ehemaligen Post die Runde, die auch Rewe-Vorstand Heinz Zander unlängst bei seinem Besuch in Recklinghausen durchaus attraktiv fand – soll auch noch einmal die Steuerung von Vergnügungsstätten überprüft werden.

Zahl der Automaten begrenzt

Wie andere Städte auch hat Recklinghausen bereits festgelegt, dass neue Spielhallen nicht mehr im Erdgeschoss angesiedelt sein dürfen. Zudem darf ihre Größe nicht 144 Quadratmeter übersteigen, pro 12 m² darf nur ein Spielautomat stehen – maximal also zwölf in einem Betrieb. Während Spielhallenbetreiber bislang trotzdem ein größeres Angebot an einem Ort vorhielten, indem sie nämlich kurzerhand eine weitere Konzession für eine zweite, angrenzende Spielhalle an gleicher Stätte erwarben, könnte künftig der Betrieb von Spielhallen grundsätzlich begrenzt werden.

Denn: Im Landtag wurde bereits in erster Lesung die Änderung des Glücksspiel-Staatsvertrags beraten. Demnach darf nur noch eine Konzession pro Gebäude vergeben werden, der Abstand zur nächsten Spielhalle muss mindestens 250 Meter betragen. Auf diese Weise ließe sich die Zahl der Zockerbuden zumindest konstant halten, mittelfristig womöglich sogar reduzieren, zumal alte Konzessionen von Zeit zu Zeit erneuert werden müssen.