Haltern am See..
Durchschnittlich 2,5 Mio Euro gibt die Stadt Haltern am See jährlich für ambulante und stationäre Maßnahmen im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes aus. Das ist vergleichsweise wenig. In Oer-Erkenschwick waren es in 2011 5,9 Mio Euro, für dieses Jahr sind dort 6,1 Mio Euro veranschlagt. Das sind fast zehn Prozent des städtischen Haushaltes.
Gleichwohl: „In Haltern gibt es die gleichen Probleme wie anderswo, nur in geringerer Zahl“, widersprechen Egbert Willecke, Bereichsleiter Familie und Jugend, und Klaus-Jürgen Miegel, Leiter der Sozialen Dienste, der Vorstellung, dass in Haltern am See die Welt noch in Ordnung sei. Man sieht sich in der Seestadt aber gut aufgestellt. Frühe Hilfen von Anfang an gibt es schon länger: Elternschulungen, eine Kinderbeauftragte, die in junge Familien geht, Beratungsangebote. Ein Netzwerk, geknüpft zwischen Jugendamt, PBZ, Erziehungsberatungsstellen, Hebammen, Ärzten, Kitas und Schulen zum Schutz des Kindes hat sich bewährt.
Tatsächlich sind die Zahlen von Inobhutnahmen, wenn die Behörde Kinder zu ihrem Schutz aus ihren Familien nehmen muss, seit Jahren gleich. In drei bis vier Fällen im Jahr muss das Jugendamt eingreifen. „Manche Inobhutnahmen geschehen situativ, in anderen Fällen kennen wir die Familien bereits“, so Willecke.
Die Altersbandbreite reicht vom Säugling bis zum 16-Jährigen. Nicht immer, aber häufig steckt dahinter eine tragische Geschichte. So kann eine Jugendliche, die seit Jahren in der Familie Gewalt erlebt hatte, freiwillig eine Inobhutnahme wünschen. Drastisch gestiegen ist die Zahl der Familien, die ambulant unterstützt werden. Waren es 2006 noch 300 Familien, stieg die Zahl in 2011 auf 527. Eine Nachfrage, die das Jugendamtsteam durch auspositiv bewertet, „weil durch ambulante Hilfsangebote die Zahl der stationären Hilfen niedrig ist“, so Willecke.
Und zwar gleichbleibend niedrig. Die Zahl der Kinder, die wegen einer Gefährdung aus den Familien genommen und stationär untergebracht werden, liegt bei 25 bis 30 im Jahr. Die häufigsten Gründe für diese „familienunterstützenden Hilfen“ sind Vernachlässigung, Missbrauch, Misshandlung.
Das Heim ist keine Lösung
„Kinder und Jugendliche in ein Heim zu stecken, ist allerdings nicht die Lösung“, so Willecke. Oft sind die Eltern überfordert, haben materielle Probleme. Hier garantiert das Netzwerk Beratung und Unterstützung, um Eltern deutlich zu machen, dass sie „im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung gegenüber ihren Kindern haben“. Ziel ist stets die Rückführung in die Familie unter der Prämisse des Kindesschutzes.
Das Jugendamt ist verpflichtet, Hinweisen auf die Gefährdung eines Kindes nachzugehen. „Seit Kevin und Co. ist die Sensibilität in der Bevölkerung deutlich gestiegen“, so Miegel. Rund 100 Meldungen im Jahr geht das Jugendamt nach. „Das ist kein Denunziantentum, sondern die Menschen machen sich durchaus berechtigte Sorgen um das Kindeswohl.“ Die Mitarbeiter sprechen offen die Familien an und nennen den Grund der Nachfrage.