Waltrop. .

Es geht am frühen Sonntagnachmittag herum wie ein Lauffeuer im digitalen Netz. „Hast du schon gehört, es gibt eine Facebook-Party bei uns in Waltrop“, hallte es gefühlt aus jedem zweiten Handy von Jugendlichen. Ziel der Party-Gänger solle eine ruhige Wohnstraße in der gutbürgerlichen Kettelersiedlung sein. Dorthin hat ein Jugendlicher eingeladen.

So ziehen die Massen von Jugendlichen, die einen mit dem Bus und viele mit ihren Autos, in die enge Tempo-30-Zone. Auf der Eichenstraße sind schnell alle Parkplätze und privaten Einfahrten dicht und so müssen die Teilnehmer mit ihren DO-, BO- und HER-Kennzeichen ordentlich laufen, um noch in Sichtweite der Eichenstraße zu gelangen. Zur Party eingeladen hatten die Bewohner des belagerten Einfamilienhauses nicht, wie sich schnell herausstellt.

Wie Polizeihauptkommissar Dieter Spoo noch in der Nacht mitteilt, ist das Facebook-Konto eines Anwohners geknackt worden. Und so hatte ein Unbekannter zum Massen-Event aufgerufen. Die mehreren 100 Gäste stört das kaum, denn mit Spirituosen, lauter Musik und bengalischen Fackeln kann man überall Party machen.

„Einfach nur geil, die Party! Ich würde immer wieder kommen“, sagt eine etwa 15-Jährige, die mit ihrer Freundin aus Castrop-Rauxel gekommen ist, um sich „das Event“ anzusehen. Dass die Anwohner kein Verständnis für den Trubel haben, können die beiden nicht verstehen. „So etwas hab ich auch noch nicht gesehen“, sagt Thomas Spychala, der aus einem Fenster den Aufruhr bestaunt.

„Ab auf die Zeche“

Dass die Party in eine Sackgasse geraten ist, haben die Hunderte, die sich in den Straßen verteilten, schnell gemerkt. Also wird per Smartphone die Devise „Ab auf die Zeche!“ ausgegeben. Die 400 Meter zur ehemaligen Schachtanlage in Brockenscheidt sind schnell hinter sich gebracht und auf dem Platz vor dem Versandhaus Manufactum kommt Volksfeststimmung auf. „Hey, ist doch Party hier“, sagt einer der Feierwütigen und schleppt mit seinem Kumpanen eine Kiste Dortmunder Bier zum Seilscheiben-Denkmal.

Auf Krawall sind die meisten Besucher nicht gebürstet, man wolle die Ferien mit einer Freiluftparty begrüßen. Begrüßt werden die Facebook-Freunde aber auch von der Polizei, die erst mit einem, dann mit 30 Streifenwagen anrückt. „Es sind wohl so 500 bis 700 Personen auf dem Zechengelände“, sagt ein Beamter. Zum Glück benähmen sich die Teilnehmer friedlich. Während die Menge „Facebook-Partys sind legal!“ skandiert, halten sich die Einsatzkräfte aus Dortmund, Bochum, den Kreisen Wesel und Coesfeld demonstrativ zurück. „Die Landesreserve ist abgerufen worden“, sagt Polizeihauptkommissar Dieter Spoo. Wie viele Kollegen es genau sind, kann er nicht sagen.

Warum sich die Party-Gemeinde plötzlich wieder umentscheidet und vom Zechengelände zurück zur Eichenstraße marschiert, ist offen. Doch die Polizei hat reagiert und schirmt den ersten Treffpunkt mit einigen Streifenwagen ab. 200 bis 250 Personen versuchen es trotzdem, doch die Polizei macht gegen 22 Uhr kurzen Prozess und löst zum einen die Veranstaltung mit Lautsprecher-Durchsagen auf und erteilt zum anderen einen kollektiven Platzverweis.

Spuk hat um Mitternacht sein Ende

Dann eben nicht, denkt sich wohl die Meute und zieht wieder ab zur Zeche – die Polizei hinterher. Was den Bewohnern und den Sicherheitskräften am Ende in die Karten spielt, ist die Tatsache, dass in der Nacht auf Montag keine Nachtexpress-Busse fahren und so der letzte Bus kurz vor zwölf von einigen genommen werden muss.

„Nach meinen Informationen gab es keine Festnahmen“, sagt Dieter Spoo und ist sichtlich froh, dass der Spuk mit nur einem Flaschenwurf, etwas Feuerwerk und Geböller ein Ende gefunden hat.