Herten. .

„Das Abitur nach zwölf Jahren halte ich für Unsinn – da hat man ja gar keine Zeit mehr für Liebeskummer.“ Eine sehr kurzweilige, nachdenkliche, aber auch kämpferische Gesine Schwan erlebte nicht nur Bürgermeister Uli Paetzel, sondern erlebten auch die rund 200 Besucher bei den „Hertener Gesprächen“ im Revuepalast Ruhr. „Lernen kann Spaß machen, wenn man in einer menschlich warmen Atmosphäre arbeitet. Mehr Bildung gibt es aber nur mit mehr Personal“, erklärte die hochdekorierte Professorin.

Dass das Thema des Abends „Bildung und Gerechtigkeit – Talentförderung statt Elitenbildung?“ eher in den Hintergrund geriet, war auch ihrer schillernden Persönlichkeit zuzuschreiben. „Ich bin in einer politischen Familie aufgewachsen“, erklärt die 69-Jährige, die 1970 in die SPD eintrat. Ab 1977 lehrte sie als Professorin für Politikwissenschaften am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. 1999 bis 2008 war Gesine Schwan Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. „Und 2004 haben Sie sogar das Experiment gewagt und sich als Kandidatin für das Bundespräsidentenamt aufstellen lassen“, wollte Paetzel wissen.

Schwans Erklärung amüsierte: „Die Empfehlungen waren gut, auch gab es billige Werbung für meine Uni.“ Vor allem bei der zweiten Wahl 2009 seien die Voraussetzungen aber schwierig gewesen, „ich musste mit Horst Köhler gegen einen amtierenden Präsidenten antreten“.

Aus dem Rummel, der in dieser Zeit um sie gemacht wurde, gewann Schwan die Erkenntnis, dass es sehr schwer ist, „Everybody’s Darling“ zu sein. „Erfolg ist heute oft nur dann gegeben, wenn man als Erster die Schlagzeile hat. Adenauer, Schmidt und Schiller waren zu ihrer Zeit keine Gehetzten der Medien.“

Nach der Veranstaltung bildeten sich lange Schlangen vor dem Stand mit Büchern von Gesine Schwan. „Sie ist eine tolle Frau, das Gespräch hat mir sehr gut gefallen“, freute sich etwa Marianne Wissing und stellte sich zum Signieren an.

„Das Ambiente stimmte und passte perfekt zu unserer einstigen Bergbaustadt“, freut sich zudem ZEE-Geschäftsführer Gerhard Albers über den Rückzug der „Hertener Gespräche“ in die ehemalige Heizzentrale auf dem Ewaldgelände.

Die nächste Veranstaltung steigt am 6. November, angefragt sind Till Brönner, Götz Alsmann und die Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß.