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Frank Schwabe hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. Was Rot-Grün einst im Bund unter Kanzler Schröder entschieden hat und die Kommunen bis heute über Gebühr belastet, nämlich die Übernahme von Sozialkosten in großem Umfang, sei grundweg falsch gewesen. Das und einiges andere wollen der SPD-Kreisvorsitzende und mit ihm eine hochrangige Delegation von Genossen aus der Region – Partei-Chef, Fraktionsvorsitzende, Landrat und Bürgermeister – am kommenden Montag, 2. Juli, gegenüber der Bundespartei klar machen. Sie reisen nach Berlin und treffen im Willy-Brandt-Haus, der Parteizentrale, den Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier.

Auch der, so Schwabe, wisse zwar mittlerweile ebenso wie etwa Partei-Chef Siegmar Gabriel längst um die besondere Bedeutung des Themas „kommunale Finanzen“ im Ruhrgebiet und gerade im Kreis Recklinghausen. Und unlängst habe der Parteikonvent, eine Art kleiner Parteitag, mit einem „wegweisenden Beschluss“ zu diesem Thema eine klare Position bezogen. „Aber es geht auch darum, den Druck aufrecht zu erhalten“, sagt Klaus Schild, SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag. Deutlich müsse werde, dass nicht nur Banken, sondern die Kommunen ebenso systemrelevant seien.

Von einem „überlebenswichtigen Thema“ spricht Schwabe, das bei der Bundespartei nun angekommen sei, das dort aber auch an möglichst vorrangiger Stelle „und nicht irgendwo hinten im Parteiprogramm“ (Schild) dauerhaft angeordnet werden und dessen Bedeutung möglichst auch von anderen Parteien erkannt und umgesetzt werden müsse. An Mitstreitern mangelt es wohl nicht, auch wenn in anderen Regionen der Republik die strukturelle Unterversorgung von Kommunen längst nicht den Stellenwert hat oder womöglich gar kein Thema ist.

So habe etwa Münchens Oberbürgermeister Christian Uhde aktiv an der Ausarbeitung eines entsprechenden Antrags beim Parteikonvent mitgearbeitet und ihn hochgelobt („Der beste Antrag, den ich je gesehen habe“). Das Thema ganz oben auf die Agenda zu schieben und es dort zu halten, darum gehe es in den nächsten Monaten. Schwabe kündigte an, die Kommunalfinanzen würden sein wichtigstes Thema im anstehenden Bundestagswahlkampf sein. Und Parteichef Gabriel habe vor einigen Wochen bei seinem Besuch im Kreis deutlich gemacht, dass es neben der Bildung das zentrale Thema der SPD sein werde.

Worum es geht, rechnet Landrat Cay Süberkrüb vor: Der Kreis mit seinen zehn Städten habe eine strukturelle Lücke von 300 Millionen Euro. 60 Millionen kämen nun aus dem Stärkungspakt. Die übrigen 240 Millionen Euro seien in etwa die Summe, die das Defizit beim Sozialgesetzbuch II (100 Millionen Euro) und die Landschaftsumlage (127 Millionen Euro) in etwa ausmachten. Ohne sie, so Süberkrüb, könnten es die Städte schaffen, ihre Haushalte in Ordnung zu halten und ihren Aufgaben gerecht zu werden.

Gelingen soll das mit einem Beschluss des Parteikonvents, der offenbar nicht unwesentlich aus Kreisen der hiesigen SPD entworfen wurde und für den sich etwa auch der Marler Michael Groß in Berlin stark macht. Seit geraumer Zeit organisiert er dort ein regelmäßiges Treffen der SPD-Bundestagsabgeordneten aus dem Ruhrgebiet. Mit dem Ziel, das Thema zu setzen und dauerhaft in die Köpfe vieler Genossen zu implantieren. Kreis-Chef Schwabe spricht in diesem Zusammenhang von einer Kehrtwende. Seit den 1990er Jahren konnte der Staat nicht schlank genug gemacht werden. „Wir brauchen aber einen handlungsfähigen Staat und ein vernünftiges Steueraufkommen, damit Aufgaben erfüllt werden können. Der Bund hat es in der Hand.“