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Der Besuch der Präsidentin des NRW-Bibliotheksverbandes Monika Brunert-Jetter in Haltern am See ist eine gute Gelegenheit, um den Frust über die Situation der öffentlichen Bibliotheken loswerden zu können.

„Der Stärkungspakt knebelt uns alle. Was hilft es, wenn die Städte schuldenfrei sind, aber die Infrastruktur kaputt ist?“, fragt Klaus Philipp, Chef-Bibliothekar in Marl. „Wer möchte in solchen Städten noch wohnen?“ – „Alle Bibliotheken im Kreis Recklinghausen stehen auf der Kippe“, ahnt auch Halterns Büchereileiter Bernhard Köster und fordert ein Umdenken in der Mittelvergabe des Landes für Kultur. „Wir brauchen nicht noch ein Kunstwerk auf einer still gelegten Zechenhalde.“

Waltrop hat die Schließung seiner Stadtbücherei auf die „To do“-Liste gesetzt. In Marl wird Ende des Monates über die Zukunft der Stadtbibliothek beraten. Der Umzug und die Fusion mit einer Schulbücherei stehen im Raum. In Haltern am See wird die Einrichtung in Frage gestellt, Mittel-, Personal- und Serviceleistungen stehen auf dem Prüfstand. Oer-Erkenschwick hatte einst eine vorzeigbare „Unesco“-Bücherei. Und heute?

Den öffentlichen Bibliotheken im Vest steht das Wasser schon seit geraumer Zeit bis zum Hals, sie müssen mit weniger Geld und weniger Personal wachsenden Ansprüchen gerecht werden. Vor dem Hintergrund des Sparpaktes, dem alle Städte im Vest mehr oder minder freiwillig angehören, aber droht ihnen das Aus.

Einzig Herten mit seinem Glashaus, auf das die Bibliothekare in den anderen Städten neidvoll blicken, verzichtet auf Kürzungen in seiner Bibliothek.

Bei Monika Brunert-Jetter rennen die Bibliothekare an diesem Sonntag mit ihrer Klage offene Türen ein. Seit 2006 ist die CDU-Landtagsabgeordnete Präsidentin des Bibliothekenverbandes NRW. Für die gelernte Bibliothekarin sind Bibliotheken „Orte der Begegnung, der kulturellen Bildung, unerlässlich für den Wirtschaftsstandort und Informationsdienstleister“. Immerhin: „Die Bibliotheken in NRW zählen im Jahr 28 Millionen Nutzer; das ist mehr als in die Fußballstadien kommen.“

Der NRW-Bibliothekenverband fordert – da sitzt er mit der CDU-Landtagsfraktion in einem Boot – ein Bibliothekengesetz, dass den öffentlichen Büchereien eine sichere Finanzierung durch das Land garantiert. Die Bibliotheken werden als freiwillige Leistungen der Kommunen geführt. „Das soll auch so bleiben“, betont Brunert-Jetter, um die Kommunen nicht aus der Finanzierungspflicht zu entlassen. Für die Mittelzuweisungen des Landes sollen Qualität, Personal und Projekte der Bibliotheken maßgeblich sein. „Wir wollen ein flächendeckendes Angebot in NRW und damit den Bestand sichern.“ Derzeit fördert das Land die öffentlichen Bibliotheken in NRW mit 3,2 Millionen Euro. Der Gesetzentwurf sieht eine Mindestförderung des Landes von zwölf Millionen Euro vor.

Ob die Rettung aus Düsseldorf noch rechtzeitig kommt, ist die Frage. „Die Schwierigkeit ist der Zeitplan“, weiß Brunert-Jetter. Bis Juni müssen die sechs Kommunen der ersten Stärkungspakt-Runde im Kreis ihre „Liste der Grausamkeiten“ mit den Einsparpotenzialen aufstellen, bis September die vier Kommunen der zweiten Runde. Frühestens ab Herbst wird sich die neue Landesregierung mit dem Bibliothekengesetz beschäftigen.

„Die Kommunen wissen also nicht, wo sie stehen“, fürchtet die Präsidentin und gesteht, dass sie „keine Lösung für eine Gemeinde hat, über der das Damoklesschwert des Stärkungspaktes schwebt“. Aber sie will den kulturpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Andreas Bialas, anrufen und die Notlage erläutern. Vielleicht hilft der kurze Dienstweg.