Tausende I-Dötzchen in spe fiebern dem ersten Schultag entgegen. Höhepunkt wird natürlich die Schultüte sein

Lisa (6) aus Datteln freut sich auf den Schulanfang, Mit Schultüte und Tornister ausgerüstet startet sie in das neue Schuljahr unhd Lebensabschnitt.  Foto- WAZ: Reiner Kruse
Lisa (6) aus Datteln freut sich auf den Schulanfang, Mit Schultüte und Tornister ausgerüstet startet sie in das neue Schuljahr unhd Lebensabschnitt. Foto- WAZ: Reiner Kruse © WAZ

Herten. Auf dem Rücken trug er einenen kleinen Ledertornister. „Alles andere als körpergerecht.” Daran baumelte eine Schiefertafel und heraus schaute das gehäkelte Tafelläppchen. So sah Heiner Gellermann, der langjährige Leiter der Comeniusgrundschule, bei seiner Einschulung aus. Aber das wohl Wichtigste an seinem ersten Schultag war natürlich die Schultüte. Was war drin? „Ein paar Süßigkeiten. Und Nüsse. Erdnüsse, die mochte ich so gerne”, erinnert sich Heiner Gellermann, und das Amüsierte in seiner Stimme ist nicht zu überhören.

Zahlen im Vest

Jede Menge I-Dötzchen

Tausende Mädchen und Jungen werden am Montag, 17. August, ihre Schullaufbahn beginnen. In Oer-Erkenschwick sind es 297 Kinder, in Recklinghausen sogar 1107. In Herten werden 535 Schüler in 22 ersten Klassen untergebracht, und in Marl gibt es ab diesem Monat 752 I-Männchen. In Waltrop werden 202 Kinder eingeschult, in Datteln sind es 283. In Haltern am See starten 365 Mädchen und Jungen ihre Schulkarriere. Dabei handelt es sich in allen Fällen um voraussichtliche Zahlen, da der ein oder andere, z.B. wegen eines Umzuges, noch abspringen könnte.

Die Schultüte soll noch heute I-Dötzchen den Schulstart versüßen. „Zu meiner großen Freude hat sich in den letzten Jahren viel getan”, sagt Heiner Gellermann Jahrzehnte nach seinem ersten Schultag. Pädagogisch Sinnvolles setze sich als Inhalt der Schultüten immer öfter durch. „Wir haben den Eltern oft gesagt, dass Sie das ganze ungesunde Zeug besser weglassen”, erklärt Heiner Gellermann. Schlechte Chancen also für die althergebrachte Zuckertüte? Wohl nicht ganz. Süßigkeiten gibt es nach wie vor in eigentlich jeder Schultüte. Aber es kommt eben noch allerlei dazu.

„Man muss die Balance finden. Es sollte für das Kind spannend sein und gleichzeitig mit Schule zu tun haben”, rät Gellermann. Passend findet der erfahrene Lehrer deshalb beispielsweise: ein besonderes Mäppchen, schöne Stifte, oder Bücher, die sich die Kinder gewünscht haben. „Lektüre für Erstklässler, mit viel Bild und wenig Text ist sehr beliebt”, weiß Michael Lackmann, der in Westerholt Bücher und Bürobedarf verkauft. Bei ihm warten auch jede Menge bunte Schultüten auf kleine Kuden. „Wir verkaufen vor allem Rohlinge, also Tüten zum selber gestalten, und die meisten Eltern sind ziemlich kreativ.” So entstehen aus Filz, Perlen, Krepppapier, aufklebbaren Kulleraugen und vielem mehr ganz individuelle Kunstwerke: „Ganz wie das Kind es mag: Von Prinzessin Lillyfee über Piraten bis Schalke ist da alles möglich”, erzählt Michael Lackmann und verweist auch auf die ganz kleinen Modelle: „Für traurige Geschwister.”

Heiner Gellermann hat selten einen Blick in die oft liebevoll gestalteten Tüten seiner Schüler werfen können. Aber der Inhalt sei spätestens am zweiten Schultag ein Thema gewesen. In jüngster Vergangenheit hätten Eltern die Kinder öfters auch mit Elektronik erfreut: CDs, Gameboy-Zubehör oder PC-Spiele. „Aber ich glaube nicht, dass das oft vorkommt”, meint Erzieherin Kirsten Leber. Die 27-Jährige arbeitet im Kindergarten St. Maria Heimsuchung und steht jedes Jahr aufs neue Gewehr bei Fuß, wenn die Kleinen zur Bastelstunde rufen. „Etwa 60 Prozent unserer Kinder gestaltet die Schultüte selbst, die anderen kriegen eine Gekaufte. Rein kommen fast immer Süßigkeiten bis obenhin. Da hat sich den den letzten Jahren nicht viel verändert.”

Doch mitunter trumpfen Mütter und Väter ganz schön auf. So werden auch schon mal Geld oder teure Gutscheine für Reisen in Erlebnisparks eingepackt. „Das ist unnötig, und kommt meines Wissens zum Glück so gut wie nicht vor”, sagt Gellermann. Neidische Blicke unter den I-Dötzchen müssten deshalb nicht sein. Nicht unwichtig, in Zeiten, in denen viele Kinder von Hartz-IV leben, und die „Tafeln” nicht nur für Essen und Kleidung, sondern eben auch für die Schultüten und deren Inhalt sorgen.