Recklinghausen. .
Die Festspielstadt und BAP haben eine besondere Affinität zueinander. Wie Frontmann Wolfgang Niedecken beim Abschlusskonzert der Ruhrfestspiele im Stadtgarten erklärte, kämen zwei für ihn und die Band ganz wichtige Menschen aus Recklinghausen: „Bärbel Maibaum, die für den ersten Plattenvertrag sorgte, und Christian Maibaum, der uns überredet hat, überhaupt zum ersten Mal aufzutreten.“ Das ist lange her, 1976 wurde BAP gegründet. Nach sechs Jahren war Wolfgang Niedecken jetzt erneut zum Open-Air gekommen, um die Festspiele würdig zu beenden. Eine große Party, die sich auch von einem Platzregen und Kälte nicht unterbrechen ließ. 4500 Kölschrock-Freunde hatten allein im Vorverkauf Karten erworben. „Vor sechs Jahren war das Wetter wohl zu schön, als dass es beim zweiten Mal nochmal so wird.“
Direkt nach den Domglocken schüttete es also während des ersten Stücks, „Halv su wild“ von der gleichnamigen neuen, 17. Studioplatte. Darauf waren viele vorbereitet, Regenschirme, Capes und Hüte halfen gegen die Nässe, Hocker, Stühle, Flaschen, Dosen und Spiegelreflexkameras hingegen musste die Security einbehalten, wie Chef Thorsten Jost erklärte. Aber: „Die Kühlbox mit Tetrapacks durfte hinein.“ Anne aus Bonn hatte eine Decke mit Unterseite aus Plastik dabei. Aber zum Hinsetzen oder gar Liegen war es dann doch zu ungemütlich. „Ich habe die Karte zum Geburtstag geschenkt bekommen“, verriet die Bonnerin, die mit Familie und Freunden angereist war.
Nach dem Weggang von Klaus „Major“ Heuser 1999, der 19 Jahre lang alle Stücke der Band geschrieben hatte, war bei BAP ein bisschen die Luft raus. Spätestens seit 2006 („Radio Pandora“) ist die Band wieder zurück, auch von Niedeckens Schlaganfall im November merkt man nichts mehr. „Kaum zu glauben“, staunt eine Konzertbesucherin. „Der ist fit wie immer.“
Nach „Autobahn“ und „Aff un zo“ fragt der 61-Jährige, „ist das hier eigentlich Schalke-Land oder Dortmund?“, um auf die thematisch passenden Songs „Nix wie bessher“ (Nichts wie bisher) und „Woröm dunn ich mir dat eijentlich ahn?“ (Warum tue ich mir das eigentlich an?) überzuleiten – „einige Dinge kann man sich nicht aussuchen: Vater, Mutter, den Club, mit dem man leiden muss“, seufzt der Bandleader. „Ich bin wahrscheinlich längst noch Köln-Fan, wenn der 1. FC schon zur Thekenmannschaft abgestiegen ist, aber wat willste maache?“ Die Recklinghäuser sängen wunderbar, lobt er. In der Tat, erstaunlich textsicher ist die Menge. Dass man in Recklinghausen, auch wenn es einst mal kurkölnisch war, nicht nur die Superhits mitsingen kann, erstaunt.
Nach „Alexandra, nit nur du“, „Verjess Babylon“, „Leopardefellhoot“ und „Chlodwigplatz“ wirbt Niedecken für „Arsch Huh“, auch das können die Recklinghäuser übrigens auswendig. Niedecken: „Am 9. November müsst Ihr alle nach Köln kommen!“ Dann ist die legendäre „Arsch Huh“-Veranstaltung 20 Jahre her, bei der BAP, Bläck Fööss, Brings, Zeltinger, LSE, Jürgen Becker und andere gegen Rechtsradikale auftraten – und wird noch einmal zum Leben erweckt.
Die erste Zugabe „Für ‘ne Moment“ spielt Niedecken lange allein mit Mundharmonika und Gitarre (gleichzeitig), zum letzten Lied berichtet er, „schon Männer mit Wunderkerzen gesehen zu haben, aber zur Not tut es auch Euer leuchtendes Handy-Display“, bevor eines der schönsten Liebeslieder angestimmt wird: „Do kanns zaubre“.