Marl. . Sie will sich ihre Freiheit nicht nehmen lassen, auch wenn Andrea Thierse sich schon seit Monaten nur noch mit Magenschmerzen vor die Tür traut. Denn die Marlerin, seit sechs Jahren erblindet, hat Erschütterndes erlebt: Im vergangenen Oktober habe ein Mann ihren Blindenführhund Maddox (3) – mit einer Kenndecke als solcher erkennbar – bei einem Spaziergang am Rande der Haard getreten. „Er hat sich den Weg freigeschossen“, so die 54-Jährige, „ohne dass es einen Grund dafür gab.“

Sie will sich ihre Freiheit nicht nehmen lassen, auch wenn Andrea Thierse sich schon seit Monaten nur noch mit Magenschmerzen vor die Tür traut. Denn die Marlerin, seit sechs Jahren erblindet, hat Erschütterndes erlebt: Im vergangenen Oktober habe ein Mann ihren Blindenführhund Maddox (3) – mit einer Kenndecke als solcher erkennbar – bei einem Spaziergang am Rande der Haard getreten. „Er hat sich den Weg freigeschossen“, so die 54-Jährige, „ohne dass es einen Grund dafür gab.“

Andrea Thierse sitzt am Esstisch in ihrer Wohnung in Sinsen, acht Monate „danach“ kann sie das Geschehen jenes 13. Oktobers 2011 noch immer nicht fassen. Noch schlimmer aber wiegt für sie das Gefühl, dass ihr in diesem Fall keine Gerechtigkeit widerfährt.

Denn die Staatsanwaltschaft in Essen, die sich mit dem Fall beschäftigt hat, hat Andrea Thierse vor wenigen Tagen geschrieben: Ein hinreichender Tatverdacht für die Begehung einer strafbaren Handlung durch den Beschuldigten – ein Mann aus der Gegend – könne „nicht begründet werden“. Eine Anklageerhebung komme daher „nicht in Betracht“. Denn der mutmaßliche Treter, gegen den Andrea Thierse und ihre Krankenkasse, die Novitas BKK als Maddox’ Besitzer, schon kurz nach der Tat Anzeige erstatteten, hat die Vorkommnisse am Tattag jetzt anders dargestellt als zuvor bei der Marler Polizei Andrea Thierse. Mit seinem Hund, einem Münsterländer, sei er spazieren gegangen, als er plötzlich von Maddox angesprungen worden sei. Da er sich nicht anders zu helfen gewusst habe, habe er den Australian Shepherd mit dem angezogenen Knie abgewehrt . . .

„Diese Einlassung“, hat der zuständige Oberstaatsanwalt der Marlerin geschrieben, „wird sich zumindest nicht widerlegen lassen, da es keine Zeugen für den Vorfall gibt und Sie selbst aufgrund Ihrer starken Sehbehinderung den Vorfall nicht ausreichend genau beobachten konnten.“

Andrea Thierse, deren Blindenhund sich durch den Tritt schwere Prellungen zugezogen und Panikattacken gegenüber Menschen entwickelt habe und später sogar zur Führhund-Nachschulung musste, spricht von „Diskriminierung“. Sie lebe seit 20 Jahren in Sinsen. Sie kenne sich hier aus, habe jede Menge Orientierungspunkte. Zudem „nehmen wir Blinde unsere Umgebung schneller und intensiver wahr als manch sehender Mensch“. So ermittelten sehende Bekannte einige Wochen nach dem Vorfall die Identität des mutmaßlichen Treters – dank ihrer detailreichen Personenschilderung.

Sie sei „nicht ein einziges Mal vom Gericht befragt oder angehört worden“, sagt die erblindete Frau, die sich infolge des Vorfalls in psychologischer Therapie befindet. „Man hat über meinen Kopf hinweg entschieden.“ Der Mensch mit seiner Behinderung werde „mundtot gemacht“.

Harald Stollmeier, Pressesprecher der Novitas BKK, sagt: Das Allerwichtigste sei, dass Frau Thierse zumindest nicht finanziell für die Folgen des Vorfalls haften müsse. Er glaube zwar, dass es gute Gründe gebe, „Frau Thierse zu glauben. Aber sie hat keinen Beweis“. Und ohne Zeugen käme man nun gerichtlich wohl „nicht mehr weiter“.

Nun: Kurz, nachdem Maddox am 13. Oktober 2011 „weggetreten“ worden sei, so Andrea Thierse, habe ihr eine Person (ohne ihren Namen zu nennen) im Vorbeigehen mitgeteilt, wie der mutmaßliche Treter aussah.

Vielleicht meldet dieser Zeuge sich jetzt ja.