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Als Sarah Wagenknecht am Freitag vor der Landtagswahl auf dem Recklinghäuser Altstadtmarkt auftrat, ahnten es ihre Parteigenossen schon. Auch die streitbare Vorzeigefrau der Linken würde den sich anbahnenden Einbruch bei den Wählerstimmen nicht verhindern können. Wie im gesamten Land verlor die Linke auch in der Stadt und im Kreis Recklinghausen etwa die Hälfte ihrer Wählerschaft auf Werte um die drei Prozent in den fünf Wahlkreisen. Ein Desaster.

Das scheint zum Zustand einer Partei zu passen, die sich in den vergangenen Monaten zu sehr in Büros und Hinterzimmern, so der Landesvorstand selbstkritisch, und zu wenig auf der Straße gezeigt hat. Vor allem müsse der Fokus künftig wieder stärker auf den Kreisverbänden liegen. Das hört sich gut an. Indes scheint der Kreisverband Recklinghausen selbst eine mittelschwere Krise durchzumachen. In Haltern am See legte Jacqueline Uherek ihr Ratsmandat nieder, sie beklagt unter anderem mangelnde Unterstützung der Partei. Und in Datteln verließ Anjo Heinze die Fraktion, den Kreisverband soll er als „kommunistische Kaderpartei“ beschimpft haben. Es herrscht offenbar dicke Luft.

Dass es vor Ort Fehler gegeben hat, mag die Kreis-Vorsitzende Claudia Flaisch nicht verhehlen. „Vielleicht waren die Themen falsch gesetzt. Vor allem der Stärkungspakt hat mir bei uns gefehlt.“ Ansonsten sieht sie das schlechte Ergebnis in der Region vor allem als Sog des Landestrends. Die Analyse des Landesverbandes, zu viel Hinterzimmer, zu wenig Straße, teilt sie nicht. „Wir haben in den Ortsverbänden viele Mitglieder, die sich aktiv einbringen.“

Ohnehin sieht Flaisch die Lage des Kreisverbandes eher positiv: „Uns geht es es ganz gut.“ Nach der Landtagswahl habe es sogar Beitritte gegeben, die Mitgliederzahl liege konstant bei etwa 350. Den Vorwurf der „Kaderpartei“ will sie nicht stehen lassen. Es habe monatelang Angebote zu Gesprächen an den Dattelner Anjo Heinze gegeben. Wenn es darauf keine Reaktion gebe, „können wir auch nicht helfen“.

Derweil macht in Recklinghausen Ratsherr Erich Burmeister das, was die Landespartei vorschlägt, was er aber auch ohne deren Ratschlag in der Vergangenheit gemacht hat. Er mischt sich „auf der Straße“ ein wie bei der Vorstellung einer Gedenktafel in Erinnerung an die Bücherverbrennung 1933 auf dem Neumarkt in Süd. Und er äußert sich zum Stärkungspakt. Den geißelt Burmeister als Schwächung der Kommunen, sieht sich erstaunlicherweise mit der CDU in einem Boot, die wie er moniert, das Landesgeld der Stufe II sei vorher aus dem kommunalen Topf erst abgezwackt worden, so dass die Städte und Gemeinden ihre Hilfen selbst finanzierten. Und er kündigt an: Die Linke werde es nicht beim Protest belassen, „sondern gegen die Folgen des Kürzungspakts gemeinsam mit Bürgern und Bürgerinnen und betroffenen Einrichtungen aktiv werden“. Ein Lebenszeichen.

Und doch gibt es Merkmale der Krise. Wer die auf der Homepage des Kreisverbandes genannte Telefonnummer wählt, der erhält folgende Auskunft: Die gewählte Rufnummer ist uns nicht bekannt.