Recklinghausen. .

Eine große, mindestens 40 Millionen Euro teure Renovierung des Kreishauses ist vom Tisch. „Auf Drängen der Städte werden wir auf eine energetische Sanierung verzichten“, lässt Landrat Cay Süberkrüb (SPD) in einer Erklärung wissen. „Die kurzfristige Sicherung der kommunalen Liquidität steht derzeit an oberster Stelle, auch wenn dadurch langfristig der Unterhaltungsaufwand an den Gebäuden steigen wird.“

Gleichwohl bleibt der bauliche Zustand des Kreishauses ein brisantes Thema. Ein Streit zwischen Kreis und der Stadt Recklinghausen, bei der die Bauaufsicht angesiedelt ist, bahnt sich nun an. Auch das Treffen von Experten sowie der Kreis- und Stadt-Spitze am Dienstag mit Recklinghausens Bürgermeister Wolfgang Pantförder und Kreisdirektor Roland Butz hat offenbar keine Entspannung gebracht. Im Gegenteil. Der Kreis sieht die Behörde in der Pflicht. Sie habe 2008 eine Baugenehmigung für das 1980 fertiggestellte Kreishaus mit einer Reihe von Brandschutzauflagen erteilt. Nun stelle sich Bürgermeister Wolfgang Pantförder aber auf den Standpunkt, „dass die von ihm verfügten Maßnahmen gar nicht in vollem Umfang erforderlich seien“.

Grundsätzlich, so hatte Behördenleiter Dietmar Schneider schon vor einigen Tagen gegenüber der WAZ erklärt, gebe es momentan keine Brandschutzprobleme, alle in der Vergangenheit angemahnten Mängel seien beseitigt. Und: „Der möglicherweise entstandene Eindruck, dass die städtische Bauaufsicht Maßnahmen verfügt hat, Zwang ausüben musste oder gar mit der Schließung des Kreishauses gedroht hat, ist falsch.“ Bei einer am Dienstag verabredeten, erneuten Brandschau von Bauaufsicht und Feuerwehr gehe es „ausschließlich um brandschutztechnische Mängel, die innerhalb eines kurzen Zeitraumes beseitigt werden müssen.“

Der Landrat sieht den Fall anders. Er sagt: „Die Stadt Recklinghausen hat uns eine verbindliche, schriftliche Aussage der Bauaufsichtsbehörde – im Sinne der Sicherheit der Menschen im Kreishaus, aber auch, um den finanziellen Bedarf für die notwendigen Maßnahmen ermitteln zu können – versprochen. Diese Aussage erwarten wir nunmehr kurzfristig.“ Im Bauausschuss des Kreises hieß es gestern, die untere Bauaufsicht der Stadt sei nun aufgefordert worden, sich binnen zehn Tagen schriftlich zu erklären, welche Maßnahmen notwendig seien.

Frist von zehn Tagen gesetzt

Erreicht hat der Dissens in Sachen Brandschutzkonzept längst auch die Politik. Im Bauausschuss stellte Oliver Lind (CDU) fest: „Wir fühlen uns in erheblichem Maße getäuscht.“ Unbeantwortet blieben seine Fragen, ob die besagte Fristsetzung bedeute, dass die obere Bauaufsicht sich eingeschaltet habe – denn nur diese könne eine solche Frist setzen – und ob das Kreishaus schon jetzt wegen mangelnden Brandschutzes illegal sei. Vorsitzender Dr. Bert Wagener (Die Grünen) bat zumindest bei der zweiten Frage um Geduld: „Ich habe den Eindruck, in dieser Sache besteht Unsicherheit bei der Verwaltung. Die Frage wird schriftlich beantwortet.“ Sie resultierte aus der Darstellung der Verwaltung, wonach aus Sicht der Verfasser des Brandschutzgutachtens sowie weiterer Gutachter in mehreren Punkten derzeit kein Bestandsschutz für das Gebäude gelten dürfe.

Waterloo wie beim Berufskolleg

Während Christoph Grabowski (FDP) sich in seiner Befürchtung bestätigt sieht, dass es trotz seiner eindringlichen Warnung wie schon beim Berufskolleg erneut zu einem Waterloo komme, für das er nicht die Verantwortung tragen wolle, spitzt sich die fachliche und politische Debatte offenbar auf eine Frage zu: Hat das vom Kreistag 2005 beschlossene und ein Jahr später in Auftrag gegebene Brandschutzkonzept sowie die daraufhin gewährte Baugenehmigung durch die Bauaufsicht jene Zwangsläufigkeit ausgelöst, mit der die umfassende Sanierung des Kreishauses unter anderem begründet wurde oder hat sie nur optionalen Charakter? An dieser Frage scheiden sich die Geister.

Investieren und Sparen

Ungeachtet der Debatte um die Finanzierung hält der Landrat eine Flächen sparende Sanierung des Kreishauses grundsätzlich für sinnvoll. Die sei die wirtschaftlichste Variante. „Wir würden ein Viertel der Gesamtfläche einsparen und Unterhaltung für drei Gebäude. Auf die nächsten Jahrzehnte gerechnet könnten wir mindestens 20 Millionen Euro Unterhaltungskosten sparen.“