Marl. .
„Geht nicht.“ Oder: „Machen wir schon.“ Das sind die Standard-Antworten der Verwaltung, wenn Bürger mit ihren Sparvorschlägen kommen. Am Dienstagabend suchte die Verwaltungsspitze dagegen den Dialog: Bei einem Forum besprach sie mit den Bürgern, was sich von deren Sparvorschlägen umsetzen lässt.
Rund 100 Zuhörer (einschließlich etlicher Ratsmitglieder) füllten den Ratssaal nur mäßig. Bürgermeister Werner Arndt (SPD) erklärte den Anwesenden zuerst Hintergründe und rechtlichen Rahmen für den Haushaltssicherungsplan, der im Juni vom Rat beschlossen werden soll. Danach wurde die praktische Umsetzbarkeit einiger der rund 100 Sparvorschläge, die die Marler übers Internet eingereicht hatten, von Michael Lauche (Leiter Bürgermeisteramt), Wolfgang Seckler (Baudezernent), Dr. Barbara Duka (Sozialdezernentin), Bürgermeister Werner Arndt, Michael Dinklage (Leiter Amt für kommunale Finanzen) und Michael Bach (stellvertretender Leiter Hauptamt) erläutert.
Anregungen, die leerstehenden Marler Schulgebäude zu verwerten, für eine aktive Wirtschaftsförderung oder zum Bau eines Windparks hatten die Marler eingereicht; und vieles mehr. Zahlreiche der Bürgervorschläge seien dabei in Marl „schon Praxis“, erklärte Arndt. Und: „Der Eine-Million-Euro-Vorschlag war noch immer nicht dabei.“ Überhaupt hat so manche Bürger -Idee es schwer, in die städtische Sparliste aufgenommen zu werden, mitunter scheint dies gar unmöglich. Beispiele:
1) Mehr Photovoltaik-Anlagen: teuer; rentieren sich frühestens in zehn Jahren.
2) Hallenbad-Abriss: die teuerste Lösung; derzeit Nutzung als Ausstellungsfläche im Gespräch.
3) E-Mails statt Briefe: Noch ist nicht jeder Bürger mit dem Internet verbunden.
4) Fahrrad statt Dienstwagen für den Bürgermeister: unpraktisch, weil Arndt auch im Auto arbeitet. Und der Einsatz seines Privat-Pkw wäre „nicht zwingend billiger“.
5) Verzicht auf Lohnerhöhungen und Beförderungen: nicht möglich, weil dies tarifrechtlich und gesetzlich geregelt ist.
6) Schließung des Theaters: zurzeit kein Thema, weil es einen langfristigen Mietvertrag gibt.
7) Öffentliche Grünpflege durch Firmen: keine Verbesserung, denn Private sind nicht flexibel genug.
8) Straßenbeleuchtung mit LED: Umstellung wäre sehr teuer; und mehr Lampen abzuschalten geht zu Lasten der Sicherheit.
9) Steuern auf Katzen und Pferde: zwar denk-, aber kaum umsetzbar. Wer will die Katzen zählen?
10) Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Neuma: nur dann ein Gewinn für die Stadt, wenn über 40 Millionen Euro geboten werden. Mit dem Betrag steht die Neuma in der Bilanz der Stadt.
11) BVB-Aktien kaufen: geht nicht; Stadt darf sich nur eingeschränkt wirtschaftlich betätigen.
Kritik gab es derweil auch seitens der anwesenden Bürger: an der Spar-Vorschlagsliste der Verwaltung. So sorgten sich viele Diskussionsteilnehmer, dass Familien mit Kindern gleich mehrfach belastet würden. Man vermisse „eine gewisse Kreativität“, formulierte ein Bürger seine Kritik, die Werner Arndt indes zurückwies: „Es gibt keinen Vorschlag, der nicht nicht von der Verwaltung gedacht worden ist.“
Am Ende aber keimte doch noch ein Hoffnungsschimmer auf. Richard Mölders, Berater der Gemeindeprüfungsanstalt für die Stadt, sieht Einschnitte, aber keinen Kahlschlag, einen seriös gerechneten Sanierungsplan und endlich eine echte Chance auf einen genehmigungsfähigen Haushalt. „Marl ist wie Griechenland. Es gibt nur Geld, wenn man bereit ist, den Haushalt zu sanieren.“