Marl. Sanierungspläne für das 50 Jahre alte Marler Rathaus gibt es längst. Das Problem sind die Millionen-Kosten. Arbeitsbeginn offen.
Wer offiziell ins Marler Rathaus geht, der nimmt den Weg über die Brücke zum Haupteingang. Für Insider gibt es den Weg durch das Skulpturenmuseum zu einem kleinen Aufzug. Die zerschlissene Kabine trägt ein historisches Datum: Baujahr 1962. So alt ist also Marls Rathaus. Vor 50 Jahren, am 1. März 1962, wurde Richtfest für den ersten Bauabschnitt gefeiert.
Die „Krone der Stadt“ ist noch immer eindrucksvoll – wenn man Abstand hält. Wer näher kommt, kann die Schäden des Verfalls kaum noch übersehen. Und wer darin arbeitet – insbesondere in den Türmen – der weiß von unglaublichen Geschichten zu berichten. Wind pfeift durch die Ritzen, Wasser steht auf dem Boden, die Heizung lässt sich nicht regulieren, und ein arbeitsmedizinisches Gutachten kam im Jahre 2007 schon zu der Erkenntnis, dass eigentlich Büros geschlossen werden müssten.
Die Bürgerliste Wir für Marl hat jetzt nach dem aktuellen Zustand der Rathaustürme gefragt. Die Antwort der Verwaltung zeigt, dass eine Sanierung „ein wichtiges Thema“ ist, ein Arbeitsbeginn aber noch gar nicht abzusehen ist. „Es ist beabsichtigt eine Arbeitsgruppe einzurichten, die sich mit der Planung und Realisierung der Finanzierung der Maßnahme beschäftigen wird“, schreibt die Verwaltung.
Sanierungspläne gibt es schon seit sechs Jahren. Seitdem behilft man sich mit Kleinmaßnahmen: 2010 gab es eine Betonsanierung an Balkenköpfen, in den letzten acht Monaten wurden 35 undichte Fensterflügel ausgetauscht. Der PCB-Befall ist nicht so dramatisch, als Gegenmaßnahme gab es eine Erhöhung der Reinigungsintervalle. Sonnenschutzmarkisen werden auf Einzelanforderung repariert – wenn möglich. Dass die Fassade „energetisch betrachtet problematisch und unwirtschaftlich im Hinblick auf die Betriebskosten“ ist, weiß man seit langem. „Blinde Scheiben und unzureichender Sonnenschutz sind ein geringeres Übel.“
2006 wurden die Sanierungskosten auf 18 Millionen Euro geschätzt, 2010 die Kosten für die beiden Türme alleine auf 10,3 Millionen. Seitdem will die Stadt schon mal mit einer Million anfangen. Darf sie aber nicht, sagt die Aufsichtsbehörde. Dafür gibt es keine Kredite.
Deshalb wird die Rathaus-Sanierung in die Haushalts-Sanierung eingebaut. Wird der Plan genehmigt, stehe den Arbeiten nichts mehr im Wege.
Völlig chancenlos in der Diskussion sind Überlegungen, auf die Sanierung zu verzichten und auf der grünen Wiese hinter dem Rathaus einen Zweckbau zu errichten. Der könnte billiger sein als eine Türme-Sanierung und bürgerfreundlich zugleich.
Denn die enormen Heizkosten lassen sich nicht entscheidend senken. Weil das Rathaus auf dem Wege zum denkmalgeschützten Gebäude ist, sind größere Eingriffe dann nicht mehr möglich. Eine unwirtschaftliche Entscheidung, sagen die einen.
Die anderen drängen darauf, endlich die Arbeiten zu beginnen. Das ist die Mehrheit.