Recklinghausen/Herten. .

In 45 Tagen wählt Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag. Und seit gestern hat der anstehenden Wahlkampf im Kreis ein Gesicht. Oder genauer gesagt: viele Gesichter. Die meisten Parteien kürten am Donnerstagabend ihre Kandidaten für die fünf Wahlkreise – oder stellten sie kollektiv vor. „Die Linke“ kommt an diesem Freitag zusammen. Die großen Widersacher SPD und CDU waren sich gestern so nahe, wie es in der Auseinandersetzung um die Wählerstimmen kaum der Fall sein wird: die Genossen tagten im Fritz-Husemann-Haus in Recklinghausen-Hochlarmark; die Christdemokraten 2000 Meter Luftlinie weiter im Bürgerhaus Süd.

Während die CDU nach Abstimmung durch ihre Mitglieder ihre Kandidaten bereits vor einigen Tagen gewählt hatte, kamen nun die von den Ortsvereinen gewählten SPD-Delegierten zusammen, um ihre Landtagsaspiranten zu wählen. Dabei gab es keine Überraschungen. Auch nicht in Herten, wo sich Carsten Löcker vor einer Woche in einem internen „Zweikampf“ mit 26:14 gegen Margret Gottschlich durchgesetzt hatte. Applaus brandete gestern um 19.42 Uhr auf, als der Marler SPD-Chef und Bundestagsabgeordnete Michael Groß in der Rosa-Parks-Schule das Ergebnis verkündete. Von 66 Delegierten stimmten 58 mit Ja, „Ein Ergebnis wie zu DDR-Zeiten“ hallte es im Flachs durch eine der Reihen.

Zuvor hatte Löcker seinen Hut bei den Genossen mit einer entschlossenen Rede in den Ring geworfen, Streiten will er für die Themen „Kinder, Kommune und Klimawandel“. Den Bürgerentscheid gegen den A 52-Tunnel in Gladbeck hält er für falsch, den Newpark in Datteln für richtig und wichtig.

Eine klare Angelegenheit wurde die Wahl im Wahlkreis 69 (Recklinghausen), wo der bisherige Landtagsabgeordnete Andreas Becker mit 50 von 61 Stimmen (81,9 Prozent) zum Kandidaten gewählt wurde. „Wir hatten gute 20 Monate“, sagt er in seiner Bilanz zur Arbeit der Landesregierung. Er wolle dazu beitragen, diese Arbeit fortzusetzen. In Recklinghausen sei die Ausgangslage für einen neuerlichen klaren Erfolg der SPD, die 2010 vier von fünf Direktkandidaten stellt, gut. Aber Becker warnte davor, sich auf guten Umfragewerten auszuruhen. Er gab sich kämpferisch.

Derweil gab der CDU-Kreisvorsitzende, und Landtagskandidat Josef Hovenjürgen aus Haltern am See gab im Bürgerhaus Süd auf der Kreisvertreterversammlung die Maschroute vor. Von den fünf Wahlkreisen im Vest will die CDU mindestens einen direkt holen: seinen. Bei der letzten Landtagswahl hatte er 262 Stimmen mehr als Hans-Peter Müller (SPD), der erneut sein Widersacher sein wird. Hovenjürgen verbreitete Zuversicht und erntete dafür langhaltenden Beifall. Sachlich forderte Flächen für mehr Gewerbe- und Industriearbeitsplätze - „Die letzte Zeche wird bald schließen“. Für eine bessere Ausstattung an den Unis ist die CDU gewillt, Studiengebühren wieder einzuführen. „Ein Meister muss seine Ausbildung auch bezahlen“.

Aber der Ton wird auch rauer. Landtagskandidat Lothar Hegemann hob das Recht der Städte auf eine vernünftige finanzielle Ausstattung hervor und bezeichnete Landrat Cay Süberkrüb (SPD) als „Ziegenwettmelker“, wohl in Anspielung auf die hohe Kreisumlage, die die Städte zahlen müssen. Er macht mit Blick auf die Ergebnisse im Saarland die Rechnung auf, dass es für die CDU als stärkste Kraft reichen könnte und ergänzt: „Wenn die FDP keinen Massensuizid macht, hätten wir auch einen Koalitionspartner.“