Marl. .
Zurzeit gibt es mehr Fragen als Antworten und damit auch eine Diskussion: Der geplante Kraftwerksneubau für den Chemiepark in Marl ist in den Blickpunkt gerückt. Seit 2008 laufen die Vorbereitungen. Die ersten Planungsrunden sind bereits beendet. Noch in diesem Jahr werde die Stadt Marl den Bebauungsplan aufstellen, wurde vergangene Woche von der Stadtverwaltung in Haltern mitgeteilt.
Die hatte im Stadtentwicklungsausschuss Politik und Öffentlichkeit über den Stand der Dinge informiert. Das neue Planungskonzept soll demnach bis 2013 auf den Weg gebracht sein. Einen 900-Megawatt-Steinkohlekraftwerksblock, wie ursprünglich von der Infracor GmbH, einer Tochter der Evonik Degussa GmbH geplant, werde es nicht geben. Der sei wegen seiner Auswirkungen auf die Umwelt nicht realisierbar. Soviel scheint gesichert.
Unklar dagegen ist weiterhin, in welchen Umfängen gebaut und mit welchen Brennstoffen der Kraftwerksstandort betrieben wird. Die Kraftwerksdimension jedenfalls ist groß. „Wir brauchen die Energie für unsere Betriebe, die zum Beispiel die Bewohner einer Stadt wie Düsseldorf benötigen“, sagt Chemiepark-Sprecher Volker Hilbt.
Das ist auch weitgehend unstrittig in der Politik. Der SPD-Kreisvorsitzender Frank Schwabe unterstützt dies, will aber keinen Blankoscheck ausstellen: „Der Chemiepark braucht ein hocheffizientes auf die Notwendigkeiten zugeschnittenes Kraftwerk, das unter dem Strich einen geringeren Schadstoff- und auch Kohlendioxidausstoß mit sich bringt.“ Strom für das allgemeine Netz dürfe an dieser Stelle nicht produziert werden. Ähnlich sieht dies auch die Marler SPD, die den Kraftwerksbau zur Sicherung der Arbeitsplätze – es sind mehr als 10 000 – als zwingend betrachtet. Auch die Bündnisgrünen in Marl stellen fest: „Realistisch betrachtet kann man einem Chemiepark dieser Größe nicht verweigern, Kraftwerke zu betreiben.“
Was aber alle unisono mehr oder weniger bemängeln, sind fehlende Informationen. Im Chemiepark haben sich die Verantwortlichen noch nicht festgelegt, lassen offen, welche Leistung die neue Anlage bzw. neuen Anlagen haben müssten. „Größtmöglich“, sagte gestern Volker Hilbt. In einer Erklärung heißt es eher unverbindlich weiter: „Aktuell erfolgen Untersuchungen zur langfristigen Sicherstellung der Energieversorgung des Chemieparks. Dabei werden größere und kleinere Versorgungslösungen sowie auch der Einsatz regenerativer Technologien (z. B. Energieerzeugung auf Basis von Stroh) geprüft. Von entscheidender Bedeutung sind die Aspekte Wirtschaftlichkeit und vor allem Verfügbarkeit an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr.“
Die Tendenz gehe, so Hilbt, zurzeit in Richtung von Versorgungseinheiten kleinerer bis mittlerer Größe. Als Standort bieten sich aus infrastrukturellen Gründen unter anderem die Flächen im Bereich der bestehenden Kraftwerke an. Es geht in der neuen Planung aber auch darum, den Kraftwerksbau „klagesicher zu machen“. Eine reine Ausweisung als Industriegebiet böte nicht die notwendige Rechtssicherheit. Unumstritten ist das Vorhaben nicht. Im Grenzgebiet Marl/Haltern agiert zum Beispiel die Bürgerinitiative Lebensqualität und Umweltschutz, die um die Zukunft der Lippe-Auen und des angrenzenden Landschaft-Schutzgebiet fürchten.