Marl/Düsseldorf. .
Ein Dutzend preiswürdiger Produktionen waren zu benennen, 46 Fernseh-Schaffende als Grimme-Preisträger zu würdigen. Doch bei einer Frage zierten sich die Marler Gäste der Landesmedienanstalt in Düsseldorf: Den „Sender-Medaillenspiegel“ wollte Grimme-Institutsdirektor Uwe Kammann nicht auszählen. Das könnten die Journalisten bei der Preis-Pressekonferenz doch selber.
Dabei sind die 48. Grimme-Preise gar nicht mehr so „ARD-lastig“ wie noch im Vorjahr, als die Privaten ganz leer ausgingen und nur eine ZDF-Produktion ausgezeichnet wurde. Gestern war das ZDF gleich bei fünf Produktionen dabei – und es gibt sogar mal wieder einen „Privat-Grimme“ für den kleinen Sender Tele 5 und seine satirische Medien-Kritik „Walulis sieht fern“. Kritik des Fernsehens im Fernsehen – das mögen Grimme-Juroren. „Einen richtigen Verlierer“ wollte Uwe Kammann denn auch in keiner Sender-Familie ausmachen.
Der prominenteste Gast des Vormittages im Medienhafen repräsentierte gestern schließlich auch ein ZDF-Werk: Iris Berben sprach von ihrer Zusammenarbeit mit Regisseur Matti Geschonnek als dem Abschluss einer „Kammerspiel-Trilogie“. Film-Arbeit als wär’s ein Bühnenschauspiel, dazu Dreharbeiten in der Chronologie der Handlung: „Das sind wirklich Glücksmomente“, sagte die 61-Jährige. „Alle Kollegen sagten: Das dürfte nicht aufhören.“
Weitermachen möchte auch der überraschendste Preisträger. Denn wer hätte schon die Serie „Der Tatortreiniger“ auf ihrem gut versteckten NDR-Sendeplatz entdeckt – wenn nicht eine der Grimme-Vorjurys? Bjarne Mädel, Darsteller jenes „Schotty“, der von Beruf Verbrechens-Tatorte wieder herrichtet, war in seiner flapsigen Art das totale Kontrastprogramm zur überaus ernsthaften Schauspielkünstlerin. Ja, er würde „gerne auch mal chronologisch arbeiten“, meinte der humorige Hamburger am Tag nach seinem 44. Geburtstag. Tatsächlich entstand jede der vier „Tatortreiniger“-Folgen in höchstens drei Drehtagen. Und schon der in den Saal eingespielte Teaser machte Lust auf diese makabre Komödie, prämiert im Fach „Unterhaltung“.
Das ernste Fach der Grimme-Kategorie „Information und Kultur“ repräsentierte in Düsseldorf das Autorinnen/Regie-Duo Luzia Schmid und Regina Schilling: An ihrer Dokumentation „Geschlossene Gesellschaft“ über die Missbräuche an der Odenwald-Reformschule arbeiteten beide bereits, ehe der Skandal bundesweit publik wurde.
Nach wie vor, meinte Schilling, „gibt es eine große Abwehr, auf diese Abgründe zu schauen“. Die heutige Odenwaldschule nennt sie „eine traumatisierte Institution“.
Frauen-Power war ein gemeinsamer Nenner im Doku-Fach – vom „Stuttgart 21“- Werk über die Erfindung des Wutbürgers „Alarm am Hauptbahnhof“ bis zum Porträt der Ostberliner Fotografin Sybille Bergemann, das auch die Schüler-Juroren der Marler Gruppe auszeichneten. Die männliche Ausnahme ist der TV- und Kino-Veteran Rosa von Praunheim. Der 69-Jährige erhält den Grimme-Preis für die Dokumentation „Die Jungs vom Bahnhof Zoo“.
Unschlagbarer Grimme-Rekordhalter im Regiefach bleibt aber Dominik Graf, der am Freitag, 23. März, für seinen Anteil an „Dreileben“ seinen 10. „Grimme“ aus Marl mitnehmen kann.