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Das Vest leidet unter klirrender Kälte. Was zu teils zauberhaftem Winterwetter mit Sonne führt, ist für Menschen, die draußen arbeiten müssen, hartes Brot. Bei -9 Grad stehen Mitarbeiter des SER Recklinghausen im Hubsteiger. Die städtischen Politessen sind ausgerüstet, als wären sie auf dem Weg nach Ostsibirien, müssen dennoch Knöllchen schreiben. In Marl ist der kommunale Ordnungsdienst mit dem Auto unterwegs. „Im letzten Jahr war der Winter viel schlimmer“, verweist Stadtsprecher Daniel Rustemeyer auf Schneelagen, die für die Außendienstmitarbeiter weitaus anstrengender seien.
Dancho, Straßenmusiker aus Bulgarien, spielt mit klammen Fingern und Ohrfellmütze den Ohrwurm „Tanz, alter Tanzbär“. Er ist eigens mit der Bahn aus Duisburg angereist, um in Recklinghausens Fußgängerzone Akkordeon zu spielen. „Muss essen“, zuckt er mit den Schultern und lacht mit Riesenzahnlücke in die Kamera. „Zu Hause Frau und zwei Kinder.“
Insbesondere wohnungslose Menschen leiden unter der aktuellen Kältewelle. Bei Übernachtungen im Freien können die hohen Minustemperaturen lebensbedrohlich sein. Wo nächtigt der klassische Penner, der jetzt mit Fahrrad, Plastiktüten und Vierbeiner unterwegs ist? Auf Abluftschächten? Die Städte in der Region winken ab und verweisen auf ihre Sozialämter und Fachbereiche, wo sich Obdachlose melden können, um eine Unterkunft zu bekommen. Tagsüber stehen die Wohlfahrtsverbände mit Tagesstätten als Anlaufstelle bereit: „Niedrigschwellige Angebote“ mit warmer Mahlzeit und sozialen Kontakten. Zum Beispiel in der Ewaldstraße 72 in Herten, „die sehr, sehr stark frequentiert ist, aber im Winter nicht mehr als sonst“, so Andrea Pytlik, Sozialarbeiterin der Diakonie Herten.
„Es ist uns nicht bekannt, dass es hier Menschen gibt, die tatsächlich auf der Straße leben“ , sagt Christel Grossek, Fachbereichsleiterin der Wohnungslosenhilfe des Caritasverbandes Marl. Sie rät dazu, obdachlose Menschen auf die Einrichtungen der Max-Planck-Straße aufmerksam zu machen. Bei Lebensgefahr und akuten gesundheitlichen Gefährdungen kann auch die Polizei angerufen werden.
Keine Beeinträchtigungen gibt es im Binnenschiffsverkehr. Zwar gebe es an der ein oder anderen Stelle, so ein Sprecher der Dattelner Wasserschutzpolizei, Eisbildung auf dem Wasser. Doch bis die Kanäle zufrieren, müsste es noch eine ganz Weile so kalt sein wie jetzt. Durch den Schiffsverkehr bleiben Kanäle recht lange Eisfrei.
Gefragt ist in diesen kalten Tagen die Sauna. Im Freizeitbad Aquarell in Haltern am See sei ein spürbarer Anstieg zu verzeichnen, sagt Badleiter Heinz van Buer. 130 Gäste wurden im Januar mehr als sonst gezählt. Die Eiseskälte macht übrigens den Freilulft-Schwimmbecken nichts mehr aus. Früher mussten aufwendige Vorkehrungen getroffen werden, damit Fliesen durch die Eisdecke keine Risse bekamen. Dies ist heute nicht mehr notwendig. Das Bad verfügt über ein Blockheizkraftwerk, dessen Abwärme in die Wasserbecken geleitet werden kann, um das Zufrieren zu verhindern. „Da brauchen wir bei Bedarf nur den Hebel umzulegen“, so van Buer.
Probleme gibt es auch mit Autos. Fahrzeuge mit älteren Batterien springen nicht an. Die ADAC-Pannenhilfe kommt mit ihren Einsätzen kaum noch nach. Die durchschnittliche Wartezeit lag am Dienstag bei 140 Minuten, es könne aber auch mal drei Stunden dauern, bis ein Helfer des ADAC oder eines Vertragspartners eintreffe, sagte eine Sprecherin des ADAC.
Natürliche Gewässer bleiben für Schlittschuhläufer gesperrt. Erst ab 15 cm Eisdicke heißt es „Bahn frei“ auf der Mollbeck. Derzeit liegt die Eidicke nur bei 2 bis 6 cm.